DER TRÜLLERGORN ODER TROLLKAMP

Ein großer Unhold in Suderburg, ein Zauberer oder Troll, ist in dem Trüllergorn oder trollkamp elendiglich zu Tode gekommen. Darüber erzählt Müller-Suiderburg folgende Sage: Einst kommt ein fahrender Sänger aus Welschland seines Weges gezogen, schwarzhaarig und schwarzäugig. Er kehrt im Stoltenhofe zu Suderburg ein, müde, hungrig und durstig. Des Stoltenhofs einzige Tochter, eine liebliche Heiderose, blondlockig und blauäugig, bedient den fremden Gast. Mit Sturmesgewalt ergreift diesen der Liebe Allgewalt. Bald gesteht er dem Heidekind seines leichtentflammten Herzens heiße Wünsche und fleht sie an, mit ihm als sein Weib in seine ferne sonnige Heimat zu ziehen. Aber er findet keine Gegenliebe. Sein Werben wird dringender, alles umsonst. Schließlich bittet er sie nur noch um den Gefallen, ihm zur Erinnerung einige Haare ihrer blonden Locken mitzugeben. Sie weiß nicht, was sie tun soll. So fragt sie die erfahrene Mutter um Rat. Diese rät ihr mit klugem Sinn, keine Locke ihres eigenen Haares dem fremden Manne zu opfern. Um ihn aber endlich los zu werden, zieht die Mutter aus einem großen, im Keller befindlichen Haarsieb, wie sie damals überall im Gebrauch waren, einige Haare, und diese überreicht die Tochter dem Welschen, der sie, ohne Täuschung zu merken, glückselig in Empfang nimmt. Am andern Morgen zieht er seine Straße weiter, und nun sollte sich bald zeigen, wie klug die Mutter gehandelt hatte. Denn der schwarze Geselle war zugleich ein großer Zauberer. Als er ungefähr eine Stunde von Suderburg entfernt ist, nimmt er seine Fiedel und spannt über sie statt der Saiten der Stoltentochter vermeintliche Haare. Er hatte aber die Macht, daß diejenige Person, auf deren Haaren er geigte, zu ihm kommen und ihm folgen mußte. Und als er nun sehnsüchtig und im voraus freudig bewegt der erwarteten Maid verlangend entgegensieht, da kommt plötzlich statt der Ersehnten - das große Haarsieb angerollt, rollt an ihm empor, daß er vor Bestürzung und Schreck das Gleichgewicht verliert und so unglücklich hinstürzt, daß er das Genick bricht. Das Feld aber, auf welchem der Troll sein wohlverdientes Ende fand, heißt noch heute der Trollkamp oder Trüllergorn.

Quelle: Will-Erich Peukert: Niedersächsische Sagen II. Göttingen 1968, S.130-131.
Die Sagen der Lüneburger Heide wurden von
Etta Bengen gesammelt und für SAGEN.at zur Verfügung gestellt.
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