Drei lustige Historien von Hans Clauert.
Wie Hans Clauert seinen Herrn mit einem Bauern zusammenbrachte.

Als Hans Clauert zu Zerbst bei einem Schloßer in der Lehre war, und sein Lehrmeister einmal gute Freunde bei sich hatte, denen Hans Wein und Bier einschenkte, begab sich's, daß von ohngefähr ein starker, viereckiger Bauerknecht vor das Haus kam und heftig an die Thür klopfte. Demselben aufzumachen, lief Hans Clauert eilends hinaus und fragte, was des Bauern Begehr sei. Dieser gab ihm zur Antwort: "Ich wollt' gern ein Schloß kaufen." Darauf sagte Hans Clauert: "Ich hab's keine Macht, dieselben zu verkaufen, sondern will meinen Meister herausfordern, der euch den Kauf bald sagen wird. Damit ihr aber desto füglicher zum Handel kommen möget, sollt ihr wißen, daß mein Meister sehr übel höret, und muß einer gar laut rufen, den er etwas verstehen soll." Der Bauer nahm das für blanke Wahrheit, und Hans Clauert vermerkte, daß sein Vorhaben fortgehen würde; darum berichtete er gleichergestalt seinem Meister auch also, daß einer begehre ein Schloß zu kaufen, er sei aber fast gar taub, welches sein Meister auch glaubte. Und indem dieser zur Stubenthür herausgieng, schrie ihm der Bauerknecht entgegen, so laut er nur immer vermochte: "Einen guten Tag, Meister, einen guten Tag!" Darob fieng Hans Clauert in der Stuben vorm Tisch an zu lachen und sagte zu den Gästen: "Ich habe sie beide zusammengebracht, unser Herrgott mag sie scheiden!" Das verstanden die Gäste nicht, sondern verwunderten sich des großen Geschreis und vermeinten nicht anders, als die beiden Leute wären unsinnig worden. Denn der Meister rief noch viel heftiger als der Bauer, und sie trieben das Geschrei über den Kauf so lange, daß je einer zu sich selbst mit gemächlichen Worten sagte: "Hat mich denn der Teufel mit dem Narren beschert!" und der andere mit eben solchen Worten zu sich redete. Über das Narrenschelten aber würden sie endlich zum Raufen und Schlagen kommen sein, auch einander mit dem Hammer häßlich zugerichtet haben, wo die Nachbaren von der Gaßen und des Kleinschmieds Gäste aus der Stuben nicht kommen wären und Frieden genommen hätten. Hierüber haben die Nachbaren und Gäste, nachdem sie den Grund erfahren, genugsam gelachet und haben Hans Clauert's wunderbarlichen Kopf daraus erkennen lernen.

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Wie Hans Clauert Herr und Narr im Hause war.

Als Hans Clauert groß geworden war, nahm er ein Weib und wohnte in Trebbin; seine Frau aber war ein herbes Kraut, und war nichts als eitel Zank und Streit unter den beiden. Deshalb war Hans Clauert nur selten daheim, und weil er sonsten sehr kurzweilig war, so hatte ihn jeder gern bei sich, ungeachtet sie für ihn bezahlen mußten. Einst war der Rath versammelt und hatte Hans Clauert bei sich; weil dieser aber wieder lange nicht in seinem Hause gewesen war, so ward sein Weib beweget, ihn zu suchen. Als sie ihn fand und ihn mit häßlichen Schmähworten angriff, saß Clauert vor dem Tisch, that, als wenn er 's nicht gehört hätte, trommelte mit den Fingern einen muthigen Tanz, trank herum und machte sich lustig. Die Herren des Raths aber riefen sie und boten ihr zu trinken; darüber ward sie noch grimmiger, schalt viel heftiger als zuvor und gieng brummend davon. Da sie nun fort war, sagte einer nach dem andern zu Clauert: "Hans, ihr möget nun wohl heimgehen und euch zwagen laßen; denn die Lauge ist wohl gewärmet!" Er sagte: "Wie so? Warum sollt' ich nicht heimgehen?" Die Herren sagten: "Habt ihr nicht gehöret, wie euer Weib euch die Lektion gelesen? Sie wird euch willkommen heißen!" Clauert sagte: "Mein Weib? Sollte sie mir ein unnützes Wort geben? Das kann ich nicht glauben! Mein Weib soll heute noch mit mir tanzen!" Darüber mußten wohl alle lachen und wetteten mit ihm um eine Tonne Bier, wo sie ungebeten oder ohne Bericht, daß er gewettet hätte, mit ihm tanzen würde. Clauert sagte: "Das sollt ihr wohl erfahren, und daß es gewis sei, so sendet aus eurer Mitte zween mit mir, die es ansehen und hören, ob sie nicht ungebeten wird mit mir tanzen." Sie schickten zween aus dem Rath mit ihm, die hieß er in seinem Hause vor der Stubenthür warten, wo sie durch ein kleines Fensterlein alles wohl sehen und hören konnten, wie sie 's in der Stuben trieben. Als nun Clauert in die Stuben kam, saß sein Weib beim Kachelofen und spann. Er sagte kein Wort zu ihr, sondern stützte beide Hände in die Seiten, tanzte die Stuben auf und nieder, hin und wider, und sang sich selber einen Tanz, mit diesen Worten:

"Und bin ich denn nicht Herr im Haus?
Und bin ich denn nicht Herr im Haus?"

welche Worte er allzeit und oft wiederholte und dabei aus Leibeskräften hüpfte und tanzte. Darüber ward das Weib so giftig, daß es hätte zerspringen mögen, konnte es in die Länge nicht mehr vertragen, nahm vor Zorn ihren Rocken, warf ihn hinter den Ofen, setzte auch beide Hände in die Seiten und tanzte hinter ihrem Manne her; und wenn Clauert seinen Tanz sang:

"Und bin ich denn nicht Herr im Haus?
Und bin ich denn nicht Herr im Haus?"

so sang sie allezeit dargegen.

"Und bist du denn nicht Herr im Haus?
Und bist du denn nicht Herr im Haus?"

und tanzte hinter ihm her; und je lauter er sang und schrie, je lauter sang und schrie sie auch, und je wilder er hüpfte und tanzte, je wilder hüpfte und tanzte sie auch, und trieben sie solchen Tanz und Sang so lange, bis die zween Rathsverwandten mit heller Stimm' im Hause anfiengen zu lachen. Da das Clauert erhörte, gieng er stillschweigend wieder aus der Stuben und mit den zween Abgesandten hin zum Rath und ließ sein Weib singen und tanzen daheim, was und wieviel sie wollte. Die zween aber, so mit dahin gewesen, erzählten dem Rath, wie es Clauert gemacht, und wie sein Weib ungebeten getanzt, auch darzu gesungen hätte. Da erschütterten sie sich alle vor Lachen und gaben Clauerten die Tonne Bier gern gewonnen, die sie auch des folgenden Tages mit einander in aller Fröhlichkeit austrunken.

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Wie Clauert mit purpurianischem Tuch ein guten Markt hielt.

Wenn Hans Clauert an einem bekannten Ort war, so sammelten sich ihrer viele daselbst, aus der Ursachen, daß sie viel kurzweiliges Dinges von ihm hörten, und sonderlich war die Karte nicht weit von ihnen, weil sie wußten, daß Clauert dieselbige lieb hatte. Wie er denn einmal gen Teltow zu einem guten Freunde kam, verfügten sich ihrer etliche dahin, die alle seine guten Zechbrüder waren; und als sie vernahmen, daß Clauert Geld bei sich hätte, ließen sie bald eine Karten holen, setzten sich mit Clauerten zusammen und gewannen ihm sein Geld so gar abe, daß er keinen Pfennig mehr hatte. Da setzte er vier Ellen purpurianisch Tuch zu, der Hoffnung, daß er etwas von seinem Gelde wiederbekommen möchte; aber das Unglück war so groß, daß er die vier Ellen Tuch auch verlor. Da gieng er des Abends vor die Thür heraus, sahe sich weit um und sprach: "Du lieber Gott, bin ich so alt geworden und habe nicht gewußt, daß die Leute allhie zu Teltow das purpurianische Tuch so wohl kennen, und daß es so wohl abgehet, und habe eben nicht mehr als die schlechten vier Ellen bei mir gehabt und hätte vor langer Zeit an solchem Tuch viel Gelds erwerben mögen, so ich 's gewußt hätte, daß es so wohl allhier verkauft wäre gewesen! Wohlan, sie sollen mir 's ein andermal theuer genug bezahlen!" Gieng also traurig hin, legte sich auf eine Bank und vermeinte zu schlafen; aber das purpurianische Tuch machte ihm so viel schwere Gedanken, daß er nicht einschlafen konnte. Es war aber in derselbigen Herberge ein anderer, der bei Tage wohl gesehen hatte, daß Clauert einen vollen Beutel gehabt, auch nicht wußte, daß er alles verspielet hätte. Da er nun vermeinte, daß Clauert entschlafen wäre, und eine gute Beute darvonzubringen gedachte, schlich er heimlich hinzu und griff Clauerten in den Geldbeutel. Darzu schwieg Clauert still, obgleich er's wohl hörte und fühlte; zuletzt doch fieng er an und sagte: "Suche du, mein lieber Sohn, suche, ob du etwas finden könnest; ich habe den ganzen Abend gesucht und keinen Heller mehr finden können." Darüber ließ der Dieb vor Schrecken Mantel und Hut liegen und lief darvon, daß Clauert also noch seine Zeche darvon bezahlen konnte, da er sonst wohl seinen eigenen Mantel im Stich hätt' laßen müßen.

Quelle: Märchen und Sagen aus Hannover, Carl und Theodor Colshorn, Hannover 1854, Nr. 73, S. 197 - 201.