Vom Helljäger.

Aus Colshorn's deutscher Mythologie. Mündlich in Ribbesbüttel.

Ein Schäferbursch in Ribbesbüttel hat nebst seiner Mutter am Sonntage zwischen Weihnachten und Neujahr seine Base besucht, welche in Rötgesbüttel gewohnt hat. Als sie spät abends zurückwandern und ins Auckenrod kommen, einen Forst, der zwischen beiden Örtern liegt, und den ein furchtbarer Sturm krachend durchströmt hat; da hören sie urplötzlich in der Ferne ein entsetzliches Getöse. Rasch kriechen Mutter und Sohn unter einen dichten Wacholderbusch und lugen durch dessen Zweige empor. Im Nu ist über ihnen ein großer Gespensterzug dahin gefahren, gar schrecklich anzusehen und gräulich anzuhören: auf fahlem kopflosen Pferde hat ein Jägersmann geseßen mit umgedrehtem Halse und hat geblasen und mit der Peitsche geklatscht und geknallt und "hoho!" gerufen; und viele Treiber sind hinterher gekommen und haben geschrieen und mit Klappern gelärmt, und zwischendurch haben große Hunde in der Luft gebellt und gebelfert; und mehr als tausend kleine Hunde sind unter dem Eichenlaube hingelaufen, rascher, als wenn so der Sturm trockene Blätter übers Eis hinweht, und haben mit dem Laube geraßelt und mit feiner, feiner Stimme geklifft und "gejifft." Das hat aber alles nur einen Augenblick gedauert; denn während der Knabe gefragt hat, ob er einen kleinen Hund fangen solle, ist schon alles vorüber gewesen und tosend in die Ferne verschwunden. - Der Schäfer, der mir in meiner Kindheit diese Geschichte als von ihm selbst erlebt zu wiederholtenmalen erzählt hat, lebt noch heute und hat mir noch in diesem Sommer (1852) unter dem Gesumse der Bienen in dem blühenden Heidekraute aufs neue versichert, daß er sie "verwiße und verwahre" vor etwa funfzig Jahren mit erlebt habe.

Quelle: Märchen und Sagen aus Hannover, Carl und Theodor Colshorn, Hannover 1854, Nr. 22, S. 72 - 73.