61. Rübezahl schüttelt Äpfel ab.

Anno 1620 sein zwei Drechslergesellen über das Riesengebürge [Riesengebirge] gegangen und haben allda nicht weit vom Wege einen vermeinten Bauersmann angetroffen, der gleichsam zwischen viel Apfelbäumen gestanden und davon häufig Obst abgeschüttelt hat. Zu solchen sein sie nahe hinangetreten und haben ihm ein paar Schock Äpfel abgekauft und zu sich gesteckt. Wie sie nun aber ihres Weges fortgegangen und bald vor Hunger etliche Apfel haben anbeißen wollen: siehe, da sind es Kieselsteine gewesen. Wie sie nunmehr diesen Possen sind inne geworden, da haben sie sich flugs wieder zurückegewandt und sind zu den vorigen Bäumen gegangen: da sie aber keine Apfelbäume mehr, sondern nur andere gemeine unfruchtbare Waldstauden an vorigen Orte getroffen haben, in welcher eine der Rübezahl gesessen und die anwesende Narren greulich ausgelachet hat: drüber die betrogene Apfelkäufer von neuen weggegangen sein, ihr Geld verloren geschätzet und die übrigen an die Erde geschüttet haben; worunter aber ein jedweder ein fein gediegenes Gold gefunden hat, welches ihnen der wohlmeinende Geist verehret hat, weil sie ihn aus Unmut nicht verspottet hatten, sondern den gedachten Schaden mit Geduld ertragen.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 58
© digitale Version: www.SAGEN.at