75. Rübezahl lasset ihm den Bären tanzen.

Es hatte Rübezahl einige Tage stürmisch Wetter bekommen, daß er also mittterweil schlechtes Vergnügen gehabt; sobald die rauhe Luft vorbei und das Gebürge [Gebirge] wiederumb helle und angenehm wurde, satzte er sich auf sein Pferd und ritte spazieren. Kaum war er eine viertel Meile geritten, so wurde er unverhofft drei Männer von ferne gewahr, welche einen Bären an der Kette bei sich führten.

Rübezahl und Tanzbär

Er hielte still und argwohnete, diese Kerl würden gewiß den Bären aus seinem Gehäge gefischet und mit ihn davon wandern wollen; da diese aber allmählich näher herzukamen, sahe er, daß es Polacken waren, die zuzeiten ihren Gewinst durch dieses abgerichtete Tier suchen. Bei ihrer Herannäherüng fragte er sie sofort mit einer starken Anfrage: Wo kommt ihr her, und wo wollt ihr hin, daß ihr über das Gebürgt reiset? Die Polen hielten ihn für einen vornehmen Herrn, machten ihm sofort ihre liefe Reverenz und sagten: Wir kommen über Hohe-Elb aus dem Johannesbad zurücke und gedenken, noch ins Warmbad zu reisen und von bannen wieder über Schweintz und Breslau in unser Vaterland. Habt ihr geneigte Liebhaber im Johannesbad gefunden? fragte Rübezahl weiter. Sie machten darauf wieder Komplimente und sprachen: Es ist gar schlecht gewesen, denn der Liebhaber waren wenig; wir haben allda fast mehr verzehrt als erworben. Das ist nicht gut, versetzte unser Junker Rübezahl. Seid ihr denn im Kuckucksbad nicht gewest? Sie sagten: Nein; denn dasselbe ist uns unbekannt, wir sind itzt das erstemal so weit ins Gebürgt geraten. Rübezahl sprach: Ihr würdet gewiß da Verdienst gehabt haben und seid so nahe vorbeigereist. Wohlan, weil ihr Geld zu verdienen suchet, und daß euer Weg übers Gebürgt nicht umsonst sei, so lasset sehen, was denn euer Bär vor Künste kann. Alsobald griffen zwei von ihnen zu ihren Schalmeien und bliesen aus allen Kräften, daß die Bäume zitterten; der dritte machte inmittelst den Bären fertig, tanzte und tummelte sich mit ihm herumb, bis zuletzt der Bär nicht mehr von der Stelle wollte. Rübezahl saß auf seinem Klepper und hatte sein inniges Vergnügen, sagte endlich zu dem Tanzmeisier: Es ist genug; folget mir nach bis zu meiner Wohnung, ich muß euch was zugute tun. Sie folgeten ihm getrost, bliesen zuweilen, daß es in die Wälder und Täler erschallete. Wie sie nun allda anlangten, ließ Rübezahl sofort von dem besten Branntewein fürtragen (denn er wußte, daß sie davon besondere Liebhaber sein); den trunken sie auf des milden Gebers gutes Vergnügen aus. Rübezahl war es seine größte Lust, daß denen Polacken der Branntwein so glatt zu Halse ging. Nach diesem langete er aus seinem Säckel drei Timpfe herfür und beschenkte sie damit, wovor sich diese polnische Herren auf das allerhöflichste bedankten, und darauf alle drei aus ihren Schalmeien bliesen, daß alles Wild im Gebürge dadurch rege ward; und hierauf nahmen sie Abschied. Rübezahl ließ sie begleiten bis an den Weg, der sie ins Warmebad und zuerst auf das nächste Dorf führte. Kaum waren sie eine Meile fortgereist, da wurden sie linker Hand unten am Berge eine Baude gewahr, dahin richteten sie ihren Marsch; und weil sie bekamen, was sie verlangten, blieben sie da dieselbe Nacht. Sobald sie sich niedergesetzt!, fingen sie sofort von ihrem gehabten Abenteuer an zu schwatzen, und erzählten es danach dem Witt, wie sie unverhofft auf dem Gebürgt ein Glück gehabt hatten. Und nachdem sie ihm den ganzen Verlauf erzählet, merkte er's bald, woher es komme, wollte aber nicht viel dazu reden, sondern sagte zu ihnen: Weiset mir das Geld! Sobald der eine Pol seinen Timpf herfürzog und ihn der Wirt besah, siehe, so war es kein Timpf, sondern ein doppelter Louis d'or. Der Polack erschrak, wiese solche seinen Kameraden, die ihre Timpfe auch herausbrachten und mit Freuden sahen, daß auch ihre Timpfe zu Louis d'or geworden, und mußten gestehen, daß der Wirt wahr geredet, denn derlei Art Geld war ihnen bekannt; nur wunderten sie sich, wie solches in das Gebürgt kommen. Es war nachdenklich genug, allein der Wirt sagte: Laßt ihr's immer gut sein; wo diese gewesen sind, werden wohl mehr sein! Die Polen machten sich hierauf recht lustig, pfiffen und soffen, bis einer hie, der ander dort läge und die Nacht hindurch schnarchten. Sobald der Tag angebrochen und es im Hause wieder rege wurde, rafften sich unsere guten Polacken auch auf. Sie machten ihrem milden Geber noch im Gebürgt eine Musik, bedankten sich guter Herberge und reiseten darauf über Antoniwald ins Warmebad. Wohin sie weiter kommen sind, hat man nicht erfahren.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 70ff
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