Kurzer und wahrhaftiger Bericht
was im Lande Schlesien auf dem Riesengebürge [Riesengebirge] zu befinden, und was es vor eine Beschaffenheit mit dem Rübezahl habe.
Auf dem Riesengebürge hat es zween Teiche, einen großen und einen kleinen, in beiden findet man die schönsten Forellen und groß; sind gar schwarz und haben, wie ander Forellen, schöne güldene Pünktlein, das Fleisch ist ganz rötlich wie Lachs, drumb werden sie auch Laxfohren genannt; sind gutes Geschmacks. Der kleine Teich ist zu gründen, der große aber nicht. Wie denn einmal der Fürste von der Liegnitz mit dem Schaffgotschen (dessen Schwester der Schaffgotsch gehabt) auf dem Gebürge gewesen und mit einer Fähre auf dem großen Teiche gefahren und gefischet, da hat der Fürst von der Liegnitz einen Türkisring zum Gedächtnus hineingeworfen; sechs Jahr hernach aber hat der Fürste von der Liegnitz den großen Seeteich (welcher etliche Meilen im Umfange hat) fischen lassen und allda gefangen einen so großen Hecht, als bei Menschengedenken nicht so groß gesehen worden; solchen hatten sie dem Fürsten zugebracht, der ihn lassen abtun, da sich dann in dessen Leibe derselbe Türkisring gefunden, worüber sie sich höchlichen verwundert. Sonst wachsen von allerhand schönen Kräutern und Wurzeln auf dem Berge, die Wurzeln auf dem Gebürge aber sind alle zweimal so dicke und groß als die auf der Ebene; insonderheit wächset das giftige Kraut Napellus, mas & foemina häufig dar, das Männlein blühet schön blau, das Weiblein aber gar weißblau; ebenermaßen wachsen auch gar viel von den Johannisbeerlein, als rote, weiße und schwarze, sehr groß und haben einen schönern roten Saft als die zu Lande, es gibt auch der roten eine sonderliche Art, länglicht wie eine Birne, trefflich guten Geschmacks; von Rosen wachsen nur die wilden, aber sehr groß und dicke fette Blätter, purgieren sehr und werden von denen Apothekern fleißig gekauft. Unter dem Berge, gegen Böhmen zu, hat es einen Grund, der wird der Teufelsgrund genannt. Da hat der Geist seinen Garten, darinnen vornehme Kräuter und Wurzeln zu finden, als die rechte Weißwurzel, Mondenkraut, Springwurzel, die weiße Wegwart oder Hindleufte und andere vornehme Sachen mehr; wer aber was davon bekommen soll, der muß solches von dem Geiste erlangen: will er ihme solches mit Gewalt nehmen durch oder andere Mittel, so stehet Leib- und Lebensgefahr drauf. Er, der Geist, teilet auch Gutes mjtte, und hat manchen wunderlich verehret. Er lasset sich in vieler Gestalt sehen. Er tut niemanden Leides, wenn man ihn nur mit Frieden lasset; tut man ihme was zuwider, und wann das Wetter noch so schön wäre, so wird er bald mit einem Ungewitter aufgezogen kommen, daß man vermeinen sollte, der Jüngste Tag wäre vor der Tür. Es hat im Gebürge unterschiedene Häuser, da Leute drinnen wohnen; Sommerszeit tun die Leute ihr Vieh hinauf. Sie geben schöne Butter, und große Käse werden droben gemachet, alle gutes Geschmacks, und da wird man selten Brot bei den Leuten finden, dann sie trinken Molken und essen die Matten statt des Brots; wenn jemand übers Gebürge reiset und gibt ihnen Brot, so nehmen sie es vor besser an als Geld und verehren ihn mit guter Milch. Der Schnee gehet selten gar weg, das kann man sehen am Laube von denen Blumen und Bäumen, wie es von Jahre zu Jahre drauf fället. Winterszeit sind lange Stangen, länger als die Hopfenstangen gesteckt, wo der Weg gehet; und ehe der Schnee harte wird, so haben sie Räder an die Füße gebunden, da gehen sie drauf, sonsten bleiben sie in dem Schnee stecken.
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 5f
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