28. Rübezahl verwandelt sich in einen Botenspieß.

Es soll einsmals ein Bote den Rübezahl geschabernacket haben, welcher sich auf solche Art gerächet und seine Scharte ausgewetzet hat. Nämlich, wie dieser Bote auf dem Gebürge [Gebirge] in eine Herberge eingekehret gewesen und sein Spieß hinter die Türe gesetzet gehabt, siehe, da soll der schnakische Geist dem selbigen Spieß weg parlieret und sich in ein gleiches verwandelt und dargestellet haben. Wie also der Bote, nach geschehener Ausruhung, abgereiset und sein Spieß hervorgesuchet, auch damit alleweile auf dem Wege gewesen, da gleitet er etlichemal aus, daß der Bote ohn Unterlaß für sich mit der Nase in den ärgsten Dreck fällt und sich wie eine Sau besudelt. Ja also ofte war es geschehen, daß der Kerl seinem Leibe kein Rat gewußt, wie er mit seinem Spieße dran wäre und warumb es so ausgelippert oder in der Erden nicht haften wollte. Er bestehet es in die Quer und in die Länge bald unten bald oben, und findet keine gesuchte Veränderung. Gehet drüber mittlerweile ein wenig weiter fort, budutzt liegt er abermal in Morast: und schreiet ach und weh über seinen Spieß, daß er thn so verließ und keine Hülfe verhieß. Doch richtete er sich aufs neue empor und kehret den Spieß umb auf der andern Spitze: wie dieses geschehen, da fällt er allemal rücklings in den tiefsten Dreck; und hatte er vorher sich vorne beschmutzet, so bescheißt er sich nunmehr hinterwärts noch ärger und siehet wie ein leibhaftiger Misthammel aus, der dem Hänger aus der Bleiche entlaufen. Drauf nimmt der albere Schöps sein Spieß auf den Nacken wie ein Pikenier, weil es so auf der Erden kein Guts tun wollen, und gehet also wie ein rechter Finkenritter daher; doch lässet der spießbare Rübezahl dennoch seine Hudelei nicht, sondern drücket den Boten, als wenn er etliche doppelte Hocken trüge, und dannenhero von einer Schulter zur andern die verspürete Last hebet, bis er endlich aus Unleidigkeit den ungearten Spieß in des bösen Feindes Namen wegwirft und bloß davon gehet. Aber wie er etwan eine viertel Meile also unbespießet gereiset und sich ungefähr einmal umstehet, siebe, da lieget sein Spieß bei ihm: drüber er sehr erschricket und nicht weiß, wie er dran ist. Er fasset dennoch endlich getrost zu, hebet den Spieß auf und weiß nicht, wie er sich ferner damit gebärden soll. Daß er ihn an die Erde setzete, hat er keine Lust mehr; daß er ihn auf den Puckel fassete, trug er einen Abscheu: drumb nahm er ihn in die Hand, also daß er ihn mit der Erden parallel trug. Aber, siehe abermal, da wird ihm desselben Seiten Fuß so schwer, daß er ihn nicht aus der Stelle bewegen vermochte; und wiewohl er umwechselte aus einer Hand in die ander, so wollte es doch nicht anders werden, sondern blieb bei der alten Geige. Drauf nahm er es noch auf eine andere Weise mit seinem Spieße vor: nämlich er ritte drauf, wie ein Kind auf den Stecken. Und auf diesem Schlag ging es vonstatten, wie es geschmieret wäre: nämlich er kam eilends fort, fühlete keine Müdigkeit, und bauchte ihme nicht anders, als wenn er ein schnelles Roß oder Beifuß unter sich hätte. Er ritte aber ohne Aufhören also immer fort, bis er vom Gebürge in ein Städtlein kam und den Bürgern ein sonderliches Gelächter erregete. Hatte dieser Bote sich nun also vorhero wacker leiden müssen, so war er dennoch zuletzte wiederumb erquicket worden; und getröstet sich nunmehr eben derselben Erquickung in den andern bevorstehenden Reisen: da er allemal auf sein Spieß zu reiten gesonnen war. Aber vergeblich: denn der Rübezahl hatte seinen Lauf vollendet und seine Lust mit dem Narren gebüßet; drumb er sich aus dem Staube machete und das wahrhaftige Spieß unvermerket wieder zu Wege brachte, welches keine Possen mehr machte, sondern auf die alte Manier wie ein ander Spieß sich mit seinen Herrn verhielte.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 26f
© digitale Version: www.SAGEN.at