62. Rübezahl streuet Geld aus.

Vor drei Jahren sind drei Schmiedesknechte aus Böhmen in Schlesien gezogen, denen ist auf dem Gebürge [Gebirge] dieses widerfahren: Nämlich, wie sie also fortgegangen und ungefähr für sich niederschauen, da sahen sie bald Groschen, bald Dukaten, bald andere Münze liegen. Wie oft sie aber darnach greifen, so ofte bekommen sie einen Scherben oder sonsten ein rundes dünnes Steinichen in die Finger; bis daß es zweien unter ihnen endlich verdreußt und sich nicht ferner, bücken mehr wollen, sondern das verblendete Tun mit Fleiß vorbeigehen. Dieses aber will der dritte nicht nachahmen, sondern so ofte es seinen Augen wie ein Stücke Geld vorgekommen, so ofte hat er ohne Unterlaß darnach gegriffen und vor die lange Weile zu sich gestärkt, bis er endlich den Schübesack davon erfüllet und sich über den gesammleten Gries oder Steinwerk wacker von seinen Kumpanen hat aushöhnen lassen. Doch wie er nunmehr zur Herberge gekommen und von seinen Reisegefährten ist angeredet worden, daß er doch seinen Schatz aufweisen möchte, den er unterwegs erworben, siehe, da zeucht er unverdrossen abermal und fast allemal ein dünnes Steinichen heraus, wie ersolchen vorher zu sich gestecket hat; aber zuletzt finden sich nicht wenige große Stücke gediegen Goldes: damit er seine gehabte Mühe wacker bezahlet bekommen und welches des erlittenen Auslachens sich stattlich verlohnet hat. Wiewohl die Mitgesellen, aus Abgunst, geschleinde ihr Lachen eingestellet.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 58f
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