78. Rübezahl wird zu Gevatter gebeten.

Ein verzweifelter Schöps, der umb alles das Seinige kommen war und in der Bierkanne abgebrannt wäre, wenn er seine Magensglut nicht stets gedämpfet und ohn Unterlaß mit Bier geleschet hätte, solcher verzweifelter Kerl bekehrete sich dermaleins und wünschete, daß ihm der liebe Gott doch aufs neue etwas bescheren möchte; so wollte er gemacher tun, eingezogener und ratsamer leben. Ja, er bat Tag und Nacht, daß er doch ein Kindchen möchte kriegen, alldieweil er gehöret, daß damit zugleich Segen erlanget würde: denn, spricht man, bescheret Gott ein Häsichen, so bescheret er auch ein Gräsichen. Und indem kömmt seine Frau in die Wochen; drauf er ausgehet, in Willens, die drei ersten Leute, so ihm begegnen würden, zu Gevattern zu bitten. Und unter solchen Vorhaben kömmt ihm auch der unerkannte Rübezahl vor, den er als einen Reisefertigen anredet und einen mündlichen Gevatterbrief zustellet. Drauf solcher sich bedanket und entschuldiget, daß er zwar selber nicht stehen könnte; doch damit seine Gegenwart nit gänzlich außenbliebe, so wollte er ihme hiermit ein Denkmal übergeben haben: und löset drauf sein Knie- oder Hosenband ab, zur künftigen Windelschnur. Weiter schenket er ihme auch sein Schurzfell, darein er das Kind wickeln sollte lassen. Mit dieser Verehrung schlendert der Vater nach Hause und bringet seinen Weib und Kinde mit, was er bekommen. Indem er aber die Windel aufschläget, da war sie umb und umb voll lauter böhmische Groschen gesticket gewesen; die Schnur aber hatte nach der Reihe anderthalbhundert Dukaten an sich gehabt. Das lasst mir ein Patengeschenke sein, damit man ein Baur-Kindelbier ausrichten kann, und noch etliche Pfennige übrig behalten!

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 75f
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