47. Rübezahl fällt in eine Grube.

Ein bekannter schlesischer Bote referierte mir, wie etliche Handwerksgesellen des Ortes gereiset wären; da sollen sie ungefähr einen andern Mann abweges nicht weit von sich gehen gesehen haben, welcher schleunig für ihren Augen in eine tiefe Grube gefallen, drinnen er unerhört sehr geschrien, gewinselt und umb Hülfe gerufen hätte. Hierzu waren die gedachten Handwerksgesellen hingelaufen und hätten das Elende was genauer betrachtet, da sie in Anwesenheit von dem Gefallenen gebeten worden, ihn herauszuziehen und eine Belohnung davonzutragen. Was geschicht? Die Bursche lassen sich nicht faul finden, helfen und machen es so gut, als sie immer können, daß sie den versunkenen Mann herausbekommen. Wie es geschehen, da verehret er einem jedweden für die geleistete Treue eine Sandbüchse und gehet einen andern Weg, wie denn auch die Handwerker ihre Straße nachgefolget sein. Indem sie nun aber das Geschenke in den Fäusten gehabt und es für unnützlich erkannt, da haben etliche es für allen Kuckuck weggeworfen; ihrer zweene sind nur so gescheut gewesen, daß sie die empfangene Büchse aufgehoben haben, welche sie auch ihr Lebenlang zu genießen gehabt: Sintemal sie befunden haben, daß lauter Goldkörner herausgefallen sein, wenn sie dran geschüttelt und damit gestreuet haben.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 46
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