127. Rübezahl hütet der Pferde.

Im verwichenen dreißigjährigen gewesenen Kriege soll der Rübezahl sich wie ein Pferdeknecht oder -junge gebärdet haben, soll auf einem besonderen Platze an der Heerstraße gelegen, oben auf dem Riesengebürge, ein ziemlich Koppel schöner Wallache in der Weide gewartet und bei sich gehabt haben, und solches zwar etliche Tage nacheinander, bis es die Soldaten und damaligen Schnapphähne erfahren, so drunten nicht weit vom Gebürgt ungefähr ihr Quartier gehabt; die sich nicht säumen, sondern eine gute Beute zu ertappen gedenken: derentwegen sich ein Tropp aufmachet und des Wegs hinauf nach den gesehenen Pferden trachtet, welche sie alle (ungeachtet der heftigen Vorbitte des Rübezahlischen Hüters) rauben und unter sich teilen, auch nebenst ihren mitgebrachten Pferden weg nach Hause reiten wollen. Aber was geschickt? Wie sie damit zu Kehre gehen und schier eine Ecke von der Weide fürder gekommen waren, da beißen und reißen die Pferde so unerhört sehr, daß die Reuter gezwungen sein geworden, solches ungebändiges Vieh mit Ruten und Prügel wacker zu züchtigen und herdurchzukarbatschen. Aber je ärger und mehr sie draufgeschmissen, je weher hat es ihnen selber getan, also daß große Striemen und Beulen auf ihren Schultern waren aufgelaufen gewesen, daß sie nicht gewußt, woher es käme und was das zu bedeuten gehabt. Doch waren die gestohlenen Pferde darauf ein wenig weiterzugehen veranlaßt worden, da sie eine neue Mode der Widerspenstigkeit vorgenommen, nämlich sie sollen alle haben angefangen zu hüpfen und zu tanzen, und zwar solches auf einer Stelle rund in einem Kreise herumb, schier dreier Stunden lang: da die Soldaten nolentes volentes alle mit ihren Pferden haben herumgemußt, bis sie getaumelt und aus entstandenem großem Schwindel herunter auf die Erde gefallen, ihre Pferde gestorben und die lausenden drüber verschwunden sein. Siehe, da hat es wohl Hengste geheißen: Hic jacet in dreckis, qui modo Reuter erat. Ei mein Kerl, stiehl nicht mehr! Laß einem jedweden das Seinige, so bleibet dir auch das Deinige.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 117f
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