60. Rübezahl schenket einem Kerl einen hurtigen Stab.

Ein guter ehrlicher Mann soll einsmals eine Bestia und dickhäutigen Balg zum Weibe gehabt haben, damit er durchaus nicht können zurechte kommen oder sie besser machen; ungeachtet, ob er sie gleich wie ein Tanzpferd herumb geprügelt und wie ein Stemmshorn schuriegelt hat, so hat es doch nichts wollen helfen, sondern ist das Übel immer ärger geworden. Drauf er denn soll nach den Rübezahl gespazieret sein und umb eine Weiberwurzel gebeten haben: welche dergleichen Kraft hätte, daß, wenn er sie damit berührete, sie ihme Folge leistete. Hierauf hatte der Rübezahl eine lange Wurzel aus der Erden hervorgezogen, welche einem Stabe oder Krabatschen nicht unähnlich gesehen; weiter hat er diese dem bedürftigen Manne gegeben, darneben berichtende, er soll seine Frau nur wacker stark damit anrühren: sie werde gerne folgen, wohin er sie nur haben wolle. Wohlan, der erfreuete Kerls nimmt das Geschenke verlieb, gehet damit zu seiner trotzigten Frauen ins Haus; welche ihn denn flugs anfähret, wie die Sau den Bettelsack. Hierauf aber kriegt der Mann sein Noli me tangere hervor und rühret sie gewaltsam an allen Ort und Enden des Leibes an, daß sie Ach und Wehe geschrien. Darneben es aber geschehen, wenn der Mann zwischen die Schläge gefraget, ob sie ihme nun folgen wollte, so war allezeit ein Dukate aus dem Stocke herausgefallen, welchen das Weib aber nur gesehen und zu sich unvermerkt hat aufnehmen können; derentwegen sie aber ihrem Manne nicht schmeidiger, sondern boshaftiger geworden, ihn immer veranlasset, daß er mit der Wünschelruten sie mehrmals möchte berühren, darbei sie denn ohn Unterlaß geschrien: Ich will nicht! Doch hat sie sich nur dieser Wörter darumb gebrauchet, damit sie dem Manne dergleichen mehr Wörter möchte herauslocken und er sprechen müßte. Weib, willt du folgen! alldieweil sie vermerket, daß es bei solcher Stimme lauter Dukaten für sie geregnet, darnach sie immer mehr Beliebung gekriegt und des Goldes nicht hat können satt werden; ungeachtet, ob sie schon greulich drüber war zuquetscht worden, ja endlich gar, nach Verlaufung eines Jahres Fristes drinnen sie alle Tage sich einmal oder vier hatte herdurchpritschen lassen, nur umb des Gewünnstes willen für Schmerzen gestorben: da denn der Mann erstlich hinter seinen Schatz gekommen, nachdem die alte Katze war tot gewesen.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 57
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