18. Rübezahl gehet unbarmherzig umb mit einem widerspenstigen Wurzelmanne.

Es war ein Wurzelmann, der trug allezeit Kräuter und Wurzeln in die Apotheken; derselbe hat den Weg zu des Geistes seinen Wurzelgarten gewußt: es heißet der Teufelsgrund, darinnen hat er seinen Garten und seine sonderliche Kräuter und Wurzeln; dieselben bekommt kein Mensch von ihme, er gebe sie denn gutwillig: will er sie mit Gewalt oder durch conjutariones bekommen, so muß er der Sachen perfekt sein, oder er bricht ihme den Hals oder hat sonsten groß Unglück darvon. Auf eine Zeit bringet dieser Wurzelmann etliche Wurzeln in die Apotheke zu Liegnitz. Zur selben Zeit lieget der Oberste Lyon als ein Commendant in der Stadt: dessen Frau lässet den Wurzelmann zu sich kommen und verspricht ihm ein großes Geld, wenn er ihr würde die rechte Weißwurzel bringen, welche in demselben Garten wüchse. Der Mann gehet hinaus, gräbet; Ronzival kommt zu ihm, fraget, was er grübe? Er saget, er wäre ein arm Mann, hätte viel unerzogene Kinder, er müßte sich von Kräutern und Wurzelsuchen erhalten. Der Geist saget, er hätte solcher Sachen genung im Gebürge, er sollte ihm seinen Garten mit Frieden lassen; doch was er hätte, sollte er behalten, aber nicht mehr wiederkommen. Der Mann bringt der Obristin Lyonin was von dieser Wurzel, welche sie ihme teuer genug bezahlet hat; aber wo er deren mehr könnte haben, sollte er zuschauen. Dieser gehet wieder zum andern Mal hin und gräbet; Ronzival kommt wieder und spricht: Was machst du? Ich habe dirs verboten, du sollest nicht mehr wiederkommen; so siehe, was ich mit dir machen will. Der Mann gehet und bringet der Frau Obristin wieder was, welche sie ihme noch teurer als die ersten bezahlet. Der Mann bekommt ein Herze, gehet zum dritten Mal wieder hin und gräbet. Der Geist kommt und fraget, was er mache, er hätte es ihme verboten, er solle nicht wiederkommen; nimmt ihme die Hacken aus der Hand, dieser holet sie wieder und hacket. Der Geist sagte, er sollte aufhören zu hacken, es wäre Zeit. Dieser hacket immer frisch zu. Er nimmt ihme die Hacke und wirft sie weg. Er will solche wiederholen. Als er nach der Hacke greift, so nimmt ihn der Geist und reißet ihn zu Stücken, und führet sie in der Luft hinweg, daß nichts mehr als ein Belzärmel darvon dar ist, welchen sein Sohn, ein Knabe von 13 oder 14 Jahren, der mit ihme gewesen, zurückgebracht; solchen habe ich mit Augen gesehen.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 18f
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