25. Rübezahl macht einer Magd einen Ziegenbart.

Vor wenig Jahren hat eine Magd hart am Berge gegraset, so etwan aus dem nächsten Dorfe gewesen. Indeme sie auf der Wiese ihres Tuns abwartet und das Gras herunter sichelt, so singet sie darzwischen allerhand possierliche Liederlichen vom Rübezahl (ei, ei, wer dieselben auch hätte, der könnte hören, wie sie klingen. Nimm du aber dieses hieraus, daß die Sache vom Rübezahl in Schlesien so gemein sei, daß man Sprichwörter und Reime davon macht ec.). Indem nun also diese Magd in dergleichen Andacht begriffen, siehe, da kömmt der Rübezahl in eines Bauren Gestalt zu sie, fraget, ob sie vom Rübezahl nichts gehöret hätte? Und ob sie ihn gerne sehen möchte? Er wollte ihr ihn gleich zeigen. Drauf soll die Magd gesprochen haben: Nein, ich begehre ihn nicht zu sehen; wer weiß, was er mir zum Schabernacke tun möchte. Und indem greift der Rübezahl ihr an den Kinn und gehet davon. Wie nach diesem die Magd mit ihrer Hucken Gras in das Dorf gegangen, da lachen sie alle Leute aus und fragen, wo sie zum Ziegenbart gekommen wäre. Die verhöhnete Magd greift ihren Kinn in die Quer und in die Länge an und bespiegelt sich bald unten bald oben, teils in ihrem Dreihellers-Spiegel, den ihr der Knecht vergangene Messe gekauft hatte, und findt kein Arschhaar vom Barte an ihre Schnauze, wie lange sie auch damit zukehre gehet, denselben, da sie mit verwirret worden, selber zu schauen. Immittelst bliebe es dennoch aber dabei, daß sie alle Bauerhachen Klaus und Hans ec. aufzogen, daß sie einen stopflichten Ziegenbart hätte. Nämlich, sie hatten eigentlich solchen Bart umb ihre Gosche vermerket, nachdem sie der Rübezahl auf der Wiese gezeichnet und an das Kinn gegriffen hatte: da sie denn auch ihr Lebelang sich also hat mit dem gemachten Bart schleppen müssen, ungeachtet, daß sie nichts davon gewußt hat. Sehet, also hat mancher was und weiß selber nichts drüm. Viele haben Hahnreis Hürner und haben sie ihr Leben lang nicht begrabbelt; viele haben Schwäger und haben sie niemaln also geheißen noch dafür erkannt. Also hat auch diese Magd ihren stutzhaftigen Ziegenbart, ob sie es schon selber nicht glauben noch merken kunnte. Sie ging damit zu Bette, sie stand damit auf. Sie melkete damit (mit der Hand meine ich, doch mit einem Ziegenbarte ausgesiaffieret) die Böcke, die Kühe wollt ich sagen. Sie ging damit (mit ihren Pfoten meine ich, doch war der Ziegenbart nicht über drei und sechs Spann davon) zu Markte. Sie ging damit zum Tanze und sprang bald viertel- bald ellenhoch damit herumb, und ob sie ihn schon nicht striche und betappete, so kriegten sie die Knechte dennoch dabei und trieben ihr Gelächter mit sie, bis sie endlich gar zur Närrin ward. Lasset mir das eine barbartam venerem sein und ehrbare Jungfer. Das beste ist hierbei, daß sie ihn nicht durfte putzen lassen und ein übriges Geld auf ein Schermesser wenden. Er nahm nicht ab noch zu, sondern blieb allzeit in einer Größe. Doch gnug von dieser Bart-Ilse; ich begehre nicht ein Haar weiter von sie, sondern will ihren Ziegenbart hinführo ungeschoren lassen.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 23f
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