Die Rache der Unstrutnixe

Ganz ganz früher wurde das Wasser der Unstrut von Nixen bewohnt. Einmal spielten Knaben in der Nähe des Flusses, und einer sagte im Übermut: "Kommt, wir wollen die Nixe zu Tode steinigen, die an der Gartenecke, dort im Flusse wohnt, wo er am tiefsten "ist." Schnell waren alle dabei und liefen zu der bezeichneten Stelle. Stein auf Stein warfen sie in die Tiefe, und sie riefen höhnisch dabei:

"Wassernixe, du mußt sterben
in dem tiefen Wasserloch!
Wassernixe, bist getroffen?
Wassernixe, lebst du noch?"

Und bei jedem Steinwurf schäumte das Wasser hoch auf, ein Anblick, der die Knaben mehr und mehr reizte und sie übermütiger werden ließ. Und die Steine flogen immer schneller in die Fluten. Auf einmal, sie wußten nicht, wie ihnen geschah, stand die Nixe plötzlich unter ihnen, blickte sie zornigen Blickes an, suchte nach dem Anstifter, packte ihn bei den Haaren und zog ihn mit sich in die Tiefe, alles Sträuben half ihm gar nichts. Vom Schrecken wie gelähmt standen die Knaben starr vor Entsetzen da und blickten ihrem Spielgefährten nach. Doch sehen konnten sie ihn nicht mehr, sie hörten aus der Tiefe des Flusses nur einen furchtbar gellenden Angstschrei und sahen bald darauf, wie sich das Wasser blutrot färbte, ein Zeichen, daß die Nixe ihr Opfer getötet hatte.

Quelle: Sagen und Legenden aus Nebra (Unstrut), Gesammelt und neu erzählt von Rudolf Tomaszewski, Nebra 1987