DIE UNTERIRDISCHEN IN EISENDORF

Bei Eisendorf im Kirchspiel Nortorf liegt ein hoher Berg, der Lietberg heißt. Darin haben vor alten Zeiten die Unterirdischen gewohnt. Die kleinen Leute waren gar nicht böse, solange man sie nicht erzürnt hatte. Sie verliehen auch in den nächsten Dörfern Kupfer- und Zinnzeug aus, wenn da Hochzeit oder Taufe war. Da war es dann Brauch, den Unterirdischen ein Stück Fleisch oder eine Wurst hinzulegen; das war die Bezahlung für die geliehenen Sachen.

Einmal hatte ein Bauer in Ellerdorf einen großen, kupfernen Kessel von den Zwergen geliehen. Er schickte seinen Jungen damit hin, den Kessel bei den Zwergen wieder abzuliefern. Der aber aß unterwegs die Wurst auf und beschmutzte den Kessel. Als er ihn nun an den Berg setzte, kam da ein kleiner Zwerg heraus. Der ergriff den Jungen bei den Ohren und drehte ihm den Kopf um. So kam der Junge zurück ins Dorf. Von der Zeit an haben die Unterirdischen nichts wieder verliehen.

Es dauerte nicht lange, da wurde in Nortorf eine Kapelle gebaut. Da zogen die Unterirdischen weg über das Feld und sangen:


Evangeeln, Klocken un Klangen,
dat verdrefft uns uten Lannden.
(Evangelium, Glocken und Läuten,
das vertreibt uns aus dem Lande.)

Quelle: Neuausgabe von Otto Mensing, 1921