Der Schwimmer
In Meißen hat es sich zugetragen, daß
etliche Bäckersknechte am Pfingstfest unter der Predigt hinausgegangen
sind und oberhalb der Ziegelscheune, gleich dem Baumgarten gegenüber,
in der Elbe gebadet. Einer unter ihnen, der sich auf seine Fertigkeit
im Schwimmen verlassen, hat zu seinen Gesellen gesagt, wofern sie ihm
einen Taler aussetzen, wollte er dreimal nacheinander unausgeruht dies
Wasser hin und her beschwimmen. Den zwei andern kam das unglaublich vor,
und sie willigten ein. Nachdem der verwegene Mensch es zweimal vollbracht
und nun zum drittenmal nach dem Sieben-Eichen-Schluß zu hinüberschwimmen
wollte, da sprang ein großer Fisch, wie ein Lachs, vor ihm in die
Höhe und schlug ihn mit sich ins Wasser hinab, also daß er
ertrinken mußte. Man hat ihn noch selbiges Tages gesucht und oberhalb
der Brücke gefunden: am ganzen Leibe waren gezwickte Mäler,
von Blut unterlaufen, zu sehen, und man konnte gar leicht die Narben erkennen,
die ihm der Nix oder Wassergeist gemacht.
Kommentar:
Bräuners Curiosit., S. 37
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm
Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18, Nr. 54