Die Altenberger Kirche
Oberhalb dem Dorfe Altenberg im Thüringer Wald liegt auf einem hohen
Berg lustig zwischen Bäumen das Kirchlein des Orts, die Johanneskirche
genannt. Wegen des beschwerlichen Weges dahin, besonders im Winter bei
Glatteis und wenn Leichen oder Kinder zur Taufe hinaufzutragen waren,
wollten, nach der Sage, die Altenberger die Kirche abbrechen und unten
im Dorfe aufrichten, aber sie waren es nicht vermögend. Denn was
sie heute abgetragen und ins Tal herabgebracht hatten, fanden sie am andern
Morgen wieder an seiner Stelle in gehöriger Ordnung oben auf der
Kapelle, also daß sie von ihrem Vorhaben abstehen mußten.
Diese Kirche hat der heilige Bonifatius gestiftet und auf dem Berge öfters
geprediget. Einmal, als er es dort unter freiem Himmel tat, geschah es,
daß eine große Menge Raben, Dohlen und Krähen herbeigeflogen
kamen und ein solches Gekrächz und Geschrei anfingen, daß die
Worte des heiligen Bonifatius nicht mehr konnten verstanden werden. Da
bat er Gott, daß er solchen Vögeln in diese Gegend zu kommen
nimmermehr erlaube. Seine Bitte wurde ihm gewährt, und man hat sie
hernach nie wieder an diesem Orte gesehen.
Kommentar: J. C. Gellers
Merkwürdigk. Thüringens, I, 59, 466.
Falkenstein: Thür. Chronik, II, 273. Anm. b. III, 1272.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 290