Kaiser Friedrich zu Kaiserslautern
Etliche wollen, daß Kaiser Friedrich, als
er aus der Gefangenschaft bei den Türken befreit worden, gen Kaiserslautern
gekommen und daselbst seine Wohnung lange Zeit gehabt. Er baute dort das
Schloß, dabei einen schönen See oder Weiher, noch jetzt der
Kaisersee genannt, darin soll er einmal einen großen Karpfen gefangen
und ihm zum Gedächtnis einen güldenen Ring von seinem Finger
an ein Ohr gehangen haben. Derselbige Fisch soll, wie man sagt, ungefangen
in dem Weiher bleiben bis auf Kaiser Friedrichs Zukunft. Auf eine Zeit,
als man den Weiher gefischt, hat man zwei Karpfen gefangen, die mit güldenen
Ketten um die Hälse zusammen verschlossen gewesen, welche noch bei
Menschengedächtnis zu Kaiserslautern an der Metzlerpforte in Stein
gehauen sind. Nicht weit vom Schloß war ein schöner Tiergarten
gebauet, damit der Kaiser alle wunderbarliche Tier vom Schloß aus
sehen konnte, woraus aber seit der Zeit ein Weiher und Schießgraben
gemacht worden. Auch hängt in diesem Schloß des Kaisers Bett
an vier eisernen Ketten, und, als man sagt, so man das Bett zu Abend wohl
gebettet, war es des Morgens wiederum zerbrochen, so daß deutlich
jemand über Nacht darin gelegen zu sein schien.
Ferner: Zu Kaiserslautern ist ein Felsen, darin eine große Höhle oder Loch, so wunderbarlich, daß niemand weiß, wo es Grund hat. Doch ist allenthalben das gemeine Gerücht gewesen, daß Kaiser Friedrich, der Verlorene, seine Wohnung darin haben sollte. Nun hat man einen an einem Seil hinabgelassen und oben an das Loch eine Schelle gehangen, wann er nicht weiter könne, daß er damit läute, so wolle man ihn wieder heraufziehen. Als er hinabgekommen, hat er den Kaiser Friedrich in einem güldenen Sessel sitzen sehen, mit einem großen Barte. Der Kaiser hat ihm zugesprochen und gesagt, er solle mit niemand hier reden, so werde ihm nichts geschehen, und solle seinem Herrn erzählen, daß er ihn hier gesehen. Darauf hat er sich weiter umgeschaut und einen schönen weiten Plan erblickt und viel Leut, die um den Kaiser standen. Endlich hat er seine Schelle geläutet, ist ohne Schaden wieder hinaufgekommen und hat seinem Herrn die Botschaft gesagt.
Kommentar: Georg Draud: Fürstl.
Tischreden. Vgl. Fischart: Gargantua, 266 b.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 295