DIE KAPELLE IM BÄRENTAL

An einem verschneiten Heiligabend saßen vier Männer an einem großen Tisch in der Bärentalalm oberhalb von St. Jakob, spielten vergnügt Karten und tranken Wein nach Herzenslust. Obwohl sie alle vom Gewissen gemahnt wurden in die Mitternachtsmette zu gehen, rief einer voller Übermut: "Heute gehen wir nicht in die Mette, soll doch der Hund gehen!" Er packte den Hund beim Schwanz und zerrte das arme Tier in die Kälte hinaus. Der Hund verschwand und ließ sich nicht mehr blicken. Die vier Lästerer lachten nur und tranken und spielten weiter.

Gerade als einer ein As auf den Tisch warf, ertönte eine laute, unheimliche Stimme: "Fouscht ou, fouscht ou, do Hund isch va do Meittn dou!" *) Die Männer erschraken und zuckten fürchterlich zusammen, und dann hörte man schon ein lautes, unheimliches Grollen. Im nächsten Augenblick riss eine riesige, bebende Schneelawine die Hütte mitsamt den vier Burschen mit.

Als am nächsten Tag ein paar Männer auf die Bärentalalm gingen, fanden sie weder von den vier Männern, noch von der zerstörten Hütte eine Spur.

Damals beschlossen sie am Unglücksort eine Kapelle zu bauen, und sie steht noch heute dort ,bei der Oberachraineralm.
(gesammelt und aufgeschrieben von Steger Konrad)

*) Übersetzung: Fahrt ab, fahrt ab (wörtl.), verschwindet, der Hund ist von der Mette da!

Quelle: Copyright © Konrad Steger
nach mündlichen Erzählungen von AhrntalerInnen