Pustertal

Ungefähr eine Stunde von der Furkel, über welche man von Enneberg nach Geiselsberg im Pustertal gelangt, auf dem Nordabhang der Hochalpenspitzen, dort, wo der Wald den wildesten Felspartien den Platz räumt, sprudelt ein tagklares Brünnlein aus dem Boden. Es ist das Goldbrünnlein, bei dem in früheren Zeiten die Venediger gern zukehrten und Wasser in ihre Schläuche schöpften.

Von diesem Brünnlein erzählen die alten Leute in Enneberg folgende Geschichte: Es war einmal unter dem Vieh, das dort oben auf die Weide ging, ein Ochs, der, wenn er durstig war, nirgends lieber als aus dem erwähnten Brünnlein soff. Und mochte er auch weit weg sein Futter suchen, immer kam er zum Brünnlein zu trinken, während die andern Tiere sich mit dem Wasser aus näher gelegenen Tümpeln genügten. Als man später den Ochsen schlug und ausschriet und seinen ungewöhnlich dicken Magen öffnete, sah man eine faustgroße Goldkugel darin. Das Gold rührte aber von nichts anderem her als von der Goldquelle.

= Heyl / Tirol 1897 Nr. 97 S. 631 f. (Gewährsperson: Angel. Trebo, Enneberg)- Heilfurth Nr. 1052 Be 1 S. 882.
Aus: Gerhard Heilfurth, Südtiroler Sagen aus der Welt des Bergbaus, An der Etsch und im Gebirge, 25. Bändchen, Brixen 1968, Nr. 59, S. 53