Ratschings

Eines Herbsttages trieb ein Seeberknecht von Ratschings das Vieh zur Weide. Im Malbachgraben trat eine Kuh einen Wasen los. Darunter kam ein gleißender Stein zum Vorschein. Dieser funkelte wie Gold. Da der Finder nicht imstande war, den ganzen Stein zu heben, schlug er ein Stück davon ab. Er zweifelte keinen Augenblick, einen sehr wertvollen Fund getan zu haben. Am folgenden Tag marschierte er damit nach Sterzing und verkaufte ihn um die nicht geringe Summe von 5 Gulden. Die schlauen Käufer fragten den Seeberknecht recht geschickt aus, wo er den Stein angetroffen hätte.

Tags darauf machten sie sich sofort nach Ratschings auf, um den Rest des Goldsteines zu heben. Der Knecht hatte ihnen aber vorsichtshalber einen falschen Ort angedeutet, und all ihr Suchen war natürlich umsonst. Dem Hirten selbst ging es jedoch auch nicht besser. Obwohl er sich die Stelle genau gemerkt hatte und er jeden Steg und Tritt im Malbachgraben kannte, konnte er den wertvollen Stein nicht mehr ausfindig machen.

= Fink/Eisacktal 1957 S. 58 f. (mdl.) - Heilfurth Nr. 1151 S. 933.
Aus: Gerhard Heilfurth, Südtiroler Sagen aus der Welt des Bergbaus, An der Etsch und im Gebirge, 25. Bändchen, Brixen 1968, Nr. 74, S. 64