Der Kehrgeist

Im Dachboden des Dötscherhofes in Kematen trieb sich ein Geist um, der Nacht für Nacht mit einem Besen kehrte. Eine Zeitlang war man imstande, das spukhafte Treiben auszuhalten, dann machte sich der Bauer auf den Weg nach Sterzing zu den Kapuzinern um Hilfe zu erbitten.

Der Pater Guardian versprach dem Dötscher zu helfen, falls er seinen Ratschlag genau befolge. Sobald nämlich das Kehren wieder zu vernehmen sei, sollte er furchtlos auf den Dachboden steigen und nachschauen, ob der Geist freundlich oder "sierig" dreinschaue. Wäre ersteres festzustellen, so müsse der Geist sofort angeredet werden, da seine Schuld bereits zur Gänze abgebüßt sei und er durch eine unerschrockene Anrede sofort erlöst würde. Anderenfalls müsse man den Sünder eben noch weiter büßen lassen.

Nicht gerade so furchtlos, wie der Dötscher dem Pater versprochen hatte, aber immerhin beherzt, stieg er die Dachtreppe hinauf. Er sah dort einen 17 bis 18jährigen Buben in alter Tracht kehren. Der Geist wandte sich dem Bauern zu und lachte ihn wehmütig an.

In seinem Schrecken entfuhren dem Dötscher die Worte: "Alle guten Geister loben Gott den Herrn". Mit diesem Moment begann die Gestalt hell und heller zu werden, bis sie schließlich ganz weiß war und verschwand.

Quelle: Fink, Hans, Eisacktaler Sagen, Bräuche und Ausdrücke. Schlern-Schrift Nr. 164, Innsbruck 1957, S. 43