DER LAUTERFRESSER ALS EIERDIEB

Der Lauterfresser hatte in einem Bauernhof zu St. Andrä Einkehr gehalten und von der mitleidigen Bäurin ein Lauteres, d. i. eine Suppe, und ein Weißes, d. i. ein Milchmus, bekommen. Während er so aß, lamentierte die Bäurin darüber, daß heuer die Hennen gar nicht legen wollen, wie andere Jahre, und daß es ihr immer an Eiern mangle. Der Zauberer ging auf das hinaus vor den Hof und machte durch seine Schwarzkunst, daß die Hennen vom gegenüberliegenden Dorf Tschötsch herüberflogen und auf sein Geheiß allesamt dort ihre Eier legten, wo die Hennen der Bäurin zu legen gewohnt waren. Wie erstaunte die Bäurin, auf einmal so viele Eier zu entdecken, als sie auf das Geheiß des Zauberers in den Stadel ging, nachzusehen!

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 173 - 185