Das Lurgiskirchl

Fährt man vom Fuggerstädtchen Sterzing der Straße entlang dem Brenner entgegen, so springt einem das uralte Lurgiskirchl ins Auge. Unweit der Tschurtschenmühle liegt es neben dem einstigen Zollhaus hart an der Talstraße.

Von diesem Kirchl weiß der Volksmund zu erzählen:

Man wollte es ursprünglich im Bannwald, an der linken Talseite über dem Bisack erbauen. Da trugen die Vögel den Handwerkern das Werkzeug wie auch die Hobelspäne fortwährend ins Tal herunter. Darin erkannte man einen Wink der Gottesmutter, der die Kirche geweiht ist, und man erbaute sie am Talboden.

Nicht aber wo sie heute steht, sondern über dem Eisack. Später trugen sie dann Engel über den Fluß. -

Der Lurgis Sepp ging einst von Sterzing heimwärts. Da sprang ihm aus dem Lurgiskirchl ein Hundl mit einem Schlüsselbund im Maule entgegen. Er hatte aber nicht die Geistesgegenwart, dem Hunde die Schlüssel abzunehmen. Sonst hätte er einen versteckten Schatz gefunden oder eine Arme Seele erlöst.

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In Wirklichkeit stand die Kirche immer an derselben Stelle. Dafür hatte der Eisack einen anderen Lauf und floß ursprünglich dort, wo heute die Straße führt. Als der Bach später sein heutiges Bett hinter der Kirche erhielt, entstand die Sage von den Engeln. Damit ist auch die Frage gelöst, warum das Lurgiskirchl zu Wiesen gehört.

Quelle: Fink, Hans, Eisacktaler Sagen, Bräuche und Ausdrücke. Schlern-Schrift Nr. 164, Innsbruck 1957, S. 32