DER WEINPANSCHER AM KUNTERSWEG

In der wilden Schlucht am Eisack lebte einst am Kuntersweg ein Wirt, der weithin als Weinpanscher verschrien war. Als die Beschwerden über seine Betrügereien immer stärker wurden, kehrte eines Tages ein Nörggele bei ihm zu. Es war als unscheinbares Bauernknechtl verkleidet und verlangte ein Krügl "Guten". Dem Wirt, der jeden Bauernmenschen weit und breit kannte, kam das sonderbare Knechtl unheimlich vor. Um so mehr derselbe einen "Guten" verlangte, was sonst nur Herren zu tun pflegten. So mischte er vorsichtshalber etwas Schnaps in den Humpen, damit der Trunk feuriger würde. Der Knecht ließ sich jedoch nicht irreführen und sagte zum Wirt:

"Feuer und Wasser machen nicht Wein.
Schenk doch den echten Leitacher ein!"

Nach diesen Worten ging das Nörggele zur Tür, wies mit seinem Haselstock auf die Weinleiten und fuhr fort:

"Auf deinem Weingut - nächstes Jahr -
wächst nur mehr trübe wassrige War'!"

Wohl gediehen die Trauben weiterhin wie ehedem. Der Fluch des Nörggeles schädigte jedoch den Wirt in folgender Weise: Stellte er nämlich einem Gaste seinen Trunk vor, verwandelte sich derselbe sofort zu Wasser. Nur der verschenkte Wein blieb echt.

Der unredliche Wirt am Kuntersweg ging zugrunde.

Quelle: Fink, Hans, Eisacktaler Sagen, Bräuche und Ausdrücke. Schlern-Schrift Nr. 164, Innsbruck 1957, S. 305 f.