Die verhexten Geiße und Kühe

Huisile trieb sich gerne auf den Almen von Ratschinges, Ridnaun und Mareit herum. Einmal begegnete er dem Geißer von Ratschinges, der die Geiße hütete. Huisile fragte um etwas Milch. Der Hirte aber hatte einen schlechten Tag und wollte ihm keine "Milch melchen". Nicht lange dauerte es, als die Geiße plötzlich seltsam unruhig wurden. Sie begannen zu hüpfen und zu springen, immer jedoch auf dem gleichen Fleck. Da sah der Geißhirt, daß das Euter der Tiere geschwollen war, als ob sie schon tagelang nicht mehr gemolken worden wären. Huisile stand dabei und lachte boshaft. Da fing der Hirtenbub zu beten an, und der Zauber des Hexenmeisters mußte weichen…

Oft hat Huisile in der Nacht zwei Kühe an eine Kette gehängt, so daß ein fürchterliches Durcheinander entstand. Manchmal hingen am Morgen alle Kühe eines Stalles jeweils zu zweit an einer Kette. Da mußte dann der Kapuziner Pater Ludwig einspringen, um den Zauber zu bekämpfen. "Itz geht nur heim", sagte er dann zu den frommen Bauern, "aber ihr dürft auf dem ganzen Weg keinen Menschen grüßen. Dann wird der Zauber gebannt sein. Wenn ihr aber jemanden grüßt, müßte ich selbst kommen!"

Dieses Mittel hat sich oft bewährt.

Aber den armen Leuten war er wohlgesinnt. Nicht selten geschah es, daß er den notleidenden Bergbauern von Ridnaun in der Nacht einen Sack Korn in den Tennen stellte oder aber manchmal stand am Morgen ein Stück Vieh im Stall, von dem niemand wußte, woher es kam.

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 28 - 29.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.