Huisile macht Butter

Wieder einmal ist Pfeifer Huisile mit seinem getreuen "Esele" langsam den Jaufenweg hinaufgeritten. Er war recht guter Dinge, pfiff ein Liedl vor sich her und schaute die Welt von oben an. Da holte er einen Handwerksgesellen ein, der müde und hungrig aufwärtsstapfte. Leutselig redete Huisile mit ihm, wie er es ja mit allen Wanderern zu tun pflegte, denn er liebte Geselligkeit und frohe Unterhaltung. Gerade waren sie in "Münichhausen" oder Münchhausen angelangt, wo Fuhrleute, Samer und Kraxentrager ebenso Rast hielten wie fromme Wallfahrer. Das Wasser einer frischen Quelle plätscherte in den Trog hinein, der den Eseln und Rössern als Tränke diente. Neben der Quelle stand einstens eine kleine Kapelle.

"Auf Münichhausen
Tuen die Kraxentrager o-lausen",

sagt das alte Sprichwort der Samer und Fuhrleut.

"Setz di nur nieder", sprach Huisile zum Handwerksgesellen, der das frische Wasser mit hohler Hand trank. Auch das Eselein schlürfte gierig. Der Handwerksbursch meinte dann traurig: "Ach - wenn i doch öppis zum Essen hätt!"

Huisile hatte Mitleid mit dem armen Gesellen und lud ihn ein, das harte Bauernbrot zu teilen, das er in seinem Sacke trug. "Ja, ja - Brot han i selben", sagte Huisile "das Schmalz aber werden wir gleich haben!"

Darauf machte Huisile ein Grüblein neben der Quelle und ließ das Wasser einrinnen. Dann nahm er ein kleines "Steckile" und rührte das Wasser um, so wie eine Bäuerin den Teig rührt. Dabei sagte er: "Die Braunhofer Bäuerin tuet grad Kübele schlegeln! Das kommt grad recht!"

Bald wurde das Wasser dicker und dicker, und das goldgelbe Schmalz schwamm obenauf. "Da, iß dir genug", lud Huisile den "Hantiler" freundlich ein. Beide stillten ihren Hunger. Da noch viel Schmalz übrig blieb und Huisile immer ein sparsamer Mensch gewesen war, begann er wieder mit dem "Steckile" zu rühren, aber diesmal umgekehrt. Da wurde das Wasser wieder klarer und das Butterschmalz schwand langsam dahin. Lächelnd zeigte Huisile zum Braunhof hinunter und meinte: "Itz wird die Braunhofer Bäuerin das Kübele schon derschlagen!" Denn die Braunhofer Bäuerin hatte während dieser Zeit immer den Schlegkübel gedreht, ohne daß Butter geworden wäre. Erst als Huisile wieder "zurückgerührt" hatte, wich der Zauber, Huisile setzte sich wieder auf seinen Esel und ritt langsam hinauf zum Jaufenhaus, von dem Wanderburschen lustig begleitet.

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 41.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.