Huisile war von Flading

Im hintersten Talgrund des dunklen Waldtales von Ratschinges bei Sterzing liegen die höchsten Höfe von Flading. Tiefes Bergtal ist dunkel und geheimnisvoll. Abgeschnitten von jedem Verkehr, hat sich die Volkstradition lebendiger erhalten als im Haupttal. In dieser abgelegenen Bergsiedlung ist Pfeifer Huisele auf die Welt gekommen, wie alle Erzählungen immer wieder mitteilen. Die Bauern zeigen noch heute die Ruinen eines kleinen Höfleins, das beim "Huisler" oder "Huisl" genannt wird.

Es war ein kleines Bauernhöflein mitten in der abgelegenen Bergwildnis. Ursprünglich befand sich der Hof auf der Sonnenseite, aber vor ungefähr hundert Jahren hat ein Felssturz diesen Hof zugleich mit dem Nachbarhof vernichtet und verschüttet. Die Familie soll vollständig zugrundegegangen sein. Daher wurde der Huislhof auf die Schattseite gebaut, neben dem heutigen Ganderhof, wo sich ein Kleinbauer bis vor ungefähr fünfzig Jahren gehalten hat. Huisl-Hons, im ganzen Tal unter diesem Namen bekannt, war der letzte Bauer auf dem Huisl-Hof. Zum Schluß hatte er noch eine Kuh und einige Geiße. Dann verdroß ihn das Leben, er verkaufte Hof und Kuh und wanderte nach Amerika aus. Aber auch dort fühlte er sich nicht wohl, sondern er kehrte schon nach einem Jahr wieder zurück und lebte zufrieden und einfach im heimatlichen Bergtal Ratschinges.

Der Huisl-Hof war mittlerweile zusammengefallen und aufgegeben worden. Im Jahre 1951 hat jedoch die Lawine einen der vier Höfe von Flading auf der Sonnseite vernichtet. Nun ist der Besitzer dieses Hofes ebenfalls auf die Schattseite gewandert und hat die Hofruinen des Huisl-Hofes wieder aufgebaut und einen neuen Hof errichtet.

Die Erzählungen der Talbewohner von Ratschinges bezeichnen mehrfach diesen Hof als die ursprüngliche Heimat Pfeifer Huisiles. Auch in den benachbarten Talschaften wird diese Volkstradition bestärkt. Freilich hat uns Pfeifer Huisile keinen Geburtsschein hinterlassen. Eine eingehende Beschreibung soll sich auf dem Jaufenpaß befunden haben, die jedoch beim Brand des Jaufenhauses vernichtet worden ist.

Aber auch die Bauern des Valsertales beanspruchen Pfeifer Huisilen als den "ihrigen". Er wäre beim kleinen Pfeifer-Hof auf der Nederseite geboren, wo man es noch heute beim Pfeifer heißt. Diese Vermutung trifft aber nicht zu, denn der Name Pfeifer läßt sich auf diesem Hof erst seit etwa 1800 nachweisen, als ein Johann Eller, genannt Pfeifer, den Hof im Wald erworben hat, wie der frühere Name lautete.

So dürfte also Pfeifer Huisile ein Bauernkind aus Ratschinges gewesen sein, wie die Volkstradition immer wieder vermutet.

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 11
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.