Huisile und die Glocken

Es gibt also kein Tal im näheren Brennergebiet bis hinein nach Brixen, Bozen und Meran, wo nicht Huisile in dieser oder jener Form seine Wasser- und Wetterkünste gezeigt und probiert hat. Nur das Tal von Ratschinges hatte er verschont, aber dort hatte ihn ja böses Pech verfolgt, da der Berg auf die falsche Seite geflogen ist.

So großartig und prahlerisch er sein Werk auch begann und so gewaltig er es vorbereitete, um so lächerlicher war der Erfolg oder besser Mißerfolg. Immer aber fand der schlaue Wettermacher eine Ausrede, die ihn aus der Verlegenheit zog, so daß das Volk vielleicht noch größere Achtung vor dem Hexenmeister bekam und ihm noch größere Kräfte zuschrieb. Meist trugen die geweihten Wetterglocken Schuld an seinen Mißerfolgen. Voll Humor und bissigem Spott machte sich Huisile hernach über die Glocken lustig, für die er die wundervollsten Sprüche und Übernamen fand. Diese Sprüche seien nochmals zusammengefaßt:

Die Wetterglocken von Gschnitz und die Schellen von Sankt Joas (St. Jodok) haben geläutet; er ist wild auf die Wetterglocken von Sankt Nikolaus (Obernberg); verächtlich spricht er von den "Similer's Goaßschellen" und vom "Jakober Kumpf"; die Schelliler vom Barbele's Kirchl in Gossensaß haben geklengt, und die Tunigen Glögglen in Pflersch haben zu früh geläutet.

Die Laurenzi Schelliler von Ridnaun (in verächtlicher Kleinmachung erwähnt er gleichzeitig zum Vergleich auch die "Moarer Almschellen" = Kuhglocken) haben die Lawine aufgehalten.

Die Glocke von Schmuders bei Sterzing hat er am unliebsten gehört.

In Tulfer haben die Goaßschellen von Häusler Kapellile zu früh geläutet. In Rizoal haben die Rizoaler Hahnler gekrahnt und der Maulser Stier hat gebrüllt, sonst hätt er 's Talile oergemahnt.

Von den Glocken in Naz [Natz] sagt er verächtlich: der Stier am Kofl hat gebrüllt, die Grille am Büchel hat g'sungen und die Schelle im Moos hat geklappert.

Einen großen Zorn hatte er auf die "fixe Ursche, die ihm dreingepfuscht hat".

Im Passeiertal halten ihn die Platter Goaßschellen, die Stuller Hafendeckel, die Leharter Hafenplatten und die kloan Polter Rölliler auf.

Verächtlich nannte er die Glocken von Sankt Johann bei Pens die "Sante Schelliler", die berühmte Glocke von Sankt Pauls nannte er sogar den Paulser Kühstier und die große Marlinger Glocke demütigte er recht unanständig zur Marlinger Facklsau.

Das arme Huisile! Es hatte wirklich ein Kreuz mit den geweihten Wetterglocken!

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 83 - 84.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.