Auf dem Jaufen

Der Jaufenpaß bildete den Mittelpunkt der großen Talschaften von Sterzingen bis nach Meran. Hier flutete einst ein großer Verkehr. Die Samer von Passeier und Sterzingen, die Kraxentrager von St. Leonhard und Walten, die Bauern, die zu Markte zogen oder auf Wallfahrt gingen, die Wanderer von fremden Ländern - sie alle zogen sommers oder winters über den belebten Jaufenpaß. In fast drei Tagen ging man damals zu Fuß von Meran nach Innsbruck.

Die Kraxentrager luden schwerste Lasten auf ihre hülzernen Kraxen und brachten Salz nach Meran und die köstlichen Trauben im Herbst nach Innsbruck oder München. Die Passeirer Kraxentrager genossen einen fast sagenhaften Ruf wegen ihrer Stärke und Ausdauer. Vom "Roander Starre" aus Sankt Leonhard wird erzählt, daß er "drei alte Zenten Weimer" (Weintrauben) in einem Gang von Meran nach München getragen hat. Gleicherweise war auch der "Ultner Groaße" wegen seiner Größe, seiner Kraft und Stärke im ganzen Lande bekannt. Beim Gang über die Zollstätten lud sich der Ultner Groaße immer die Kraxen der andern Kraxenträger auf, da der Zoll nicht nach dem Gewicht der Last berechnet wurde, sondern nach der Anzahl der Kraxentrager. Damit ersparten die schlauen P'seirer den teuren Zoll. Noch heute sind viele Erinnerungen der Kraxenträger in der einsamen Hochsiedlung von Walten lebendig. Lachend erzählen die Bauern von drei Kraxenträgern, die einmal zur gleichen Zeit auf dem Wirtshaus in Walten übernachtet hatten, nämlich dem Ratzenvergifter, der mit Rattengift beladen war, dem Bildervergrößerer und endlich dem Krumer.

So herrschte oft trotz der Schwere der Arbeit ein lustiges Leben auf dem Jaufenhaus. Das hatte Pfeifer Huisile bald heraus, und er liebte daher die frohe Gesellschaft und machte sich dort eine sonderlich lustige Zeit. Er unterhielt die Fuhrleut und Wanderer mit seinen Streichen oder zechte mit seinen Gesellen. Dort ist es auch geschehen, daß er mit einem "Weibits" Bekanntschaft gemacht hatte. Vielleicht war es dieselbe Dirn, für die Huisile einmal bei Münichhausen Butter herbeigezaubert hatte.

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 43 - 44.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.