Wetterzauber

Welche Mittel nun Huisile zum Wettermachen brauchte, ersieht man am ehesten aus dem historischen Prozeß gegen seinen Lehrmeister, den Lauterfresser von Brixen. In diesem Prozeß hat der Lauterfresser folgende Angaben gemacht:

Beim großen Wetter in Milland 1643 sei er in Lüsens gewesen. Die schöne Frau habe ihm gesagt, wenn er auf einem Joch zu einem See oder einem fließenden Wasser komme, soll er einen Stein oder ein Weiberhaar hineinwerfen, dann werde es wittern.

Ferners bekannte er, daß er mit Stein, Haaren und Kehricht auf einer Alm Wetter gemacht habe.

Anno 1639 sei er in Pens gewesen und habe die Reben gefrört. Dazu habe er fünf Stück genommen, als: Kehricht, eine Totennadel, Tannensplitter, Schiefer von Glockenspeis und Weiberhaar. Alles dies habe er in den Bach, der bei Bozen Talfer heißt, hineingeworfen. Alsbald sei Regen, Wind und Schnee entstanden und habe alle Feldfrüchte verderbt.

Wenn er Wind machen wollte, nehme er ein Röhrchen und tue eine Totennadel und eine Otterzunge hinein. Darauf spreche er:

"Kumm, kumm, Osterwind,
Der gegen Tauern ist!"

Und blase ins Röhrl. Alsbald werde es windig.

Noch schrecklicher mutet uns folgende Vorstellung an:

"Ich beschwöre dich, Beelzebub und Satanas, daß ihr hinauffahrt und schlagt das Wasser hinauf in eine dicke Wolke in die Höh, und macht, daß der kalte Nordwind komme, damit es Eis abgäb und das Eis zu Brocken werd und solches die Wolken auslassen, auch der Wind es von der Höh herab zu den Häusern, auf die Felder, Güter und Weingarten nach ..... treibe, darnach komm die Schwere des Wassers, wie ein Wolkenbruch...

Das verlangte Wasser sei also gefolgt. Die bösen Geister triebens aus dem See, machten anfangs eine gestockte Wolke, die alleweil größer wurde. Alsdann sei sie über Mellaun, wo man nach Afers gehe, in den Wald gefahren; zwei schwarze Männlein mit Hörnlein haben sie auf einer Stange, so oben gezwieselt gewesen, von Radlsee dahingetragen. Wenn zeitlich Wetter geläutet wird, hilft es, wenn später, nützt es nit so fast…!"

So grausig auch diese Bilder anmuten, steht demgegenüber Pfeifer Huisile in einem viel helleren Licht da. Mit viel Humor und Liebe hat das Volk seine geheimnisvolle und aufgeblasene Wetterkunst ausgemalt und gemildert. Sein Ruf war größer als seine wirkliche Zauberkraft. Das Läuten der geweihten Wetterglocken bedeutete ihm daher einen willkommenen Vorwand, um seine eigene Ohnmacht im Wettermachen zu verbergen. Auf der andern Seite aber mag er manche Naturkatastrophe seiner eigenen Kraft zugeschrieben haben. Viele Hochwasserkatastrophen lassen sich nachweisen. Tatsächlich ist es ihm in keinem Falle gelungen, sein Vernichtungswerk vollständig durchzuführen. Im letzten Augenblick wurde er noch von den Glocken aufgehalten. Alle Erzählungen klingen dann mit originellen und humorvollen Sprüchen über die Wetterglocken des Tales aus. 4)

4) Vgl. Ign. V. Zingerle, Barbara Pachlerin, die Sarnthaler Hexe, und Matthias Perger, der Lauterfresser, Innsbruck 1858 (Gerichtsprozeß).

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 55 - 56.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.