I LÉC DI DRAGÓNS

Auf Boé, Pisciadú und Crespëina findet man einige kleine Bergseen, aus denen es früher nicht selten grollte wie ferner Donner. Dieses Grollen und Rollen aber rührte von den Drachen her, die sich in diesen Hochwässern aufhielten und hie und da zu streiten kamen, wobei sie dann mit ihren schuppigen Schwänzen aufeinander losschlugen und das Wasser aufpeitschten und große Wellen schlagen ließen.

Nicht selten geschah es, daß diese Untiere nächtens ihren See verließen und zu einem anderen See flogen. Während des Fluges aber leuchteten sie dann in allen Farben des Regenbogens und tauchten die ganze Berglandschaft in gespenstisches Licht. Hinter sich zogen sie einen langen Feuerschweif her. Die Leute hielten dieses Drachenfliegen immer für ein schlimmes Vorzeichen.

Hie und da stiegen diese Ungeheuer aus dem Wasser herauf und rissen Schafe oder gar auch Ochsen und zerrten diese dann mit sich hinab in die Tiefe. Seitdem man aber auf den dortigen Bergen zahlreiche eiserne Kreuze aufgestellt hat, hat man von diesen Drachen nie mehr etwas gehört oder gesehen.

Quelle: Alton, Giovanni. Proverbi, tradizioni ed aneddoti delle valli ladine orientali, con versione italiana. Innsbruck 1881. S. 69 f.