UNHEIMLICHES MARKEN

Die Enneberger stritten mit den Ampezzanern und Cadorini wegen der Alpen Fodaravedla und Fosses. Endlich machten die Ampezzaner den Vorschlag, daß vier Männer aus ihnen einen auf ihrem Grund und Boden liegenden ungeheuren Felsblock gegen das strittige Gebiet hintragen sollten, und dort, wo sie den Block niederlassen müßten, weil sie ihn nicht mehr weiterschleppen könnten, solle die Almgrenze sein.

Als die Enneberger den Grenzstein in Augenschein nahmen, glaubten sie, um den Block nur zu lupfen, wären hundert Bauern zum wenigsten notwendig, hielten daher ihre Sache für gewonnen und stimmten freudig dem Vorschlag bei. Die vier Männer von Ampezzo aber lupften den Stein und trugen ihn mit Leichtigkeit fort. Natürlich war da der Teufel im Spiel, dem sie vorher die Sache anheimgegeben hatten. Sie trugen den Stein immer weiter, und mit Grauen folgten die Enneberger. Endlich rief eine Sennerin aus Enneberg: "Jesus, Maria! sie nehmen uns die ganze Alm!" In diesem Augenblick fiel der Felsblock, aber auch die vier Träger unter ihm, und so lagen sie, zerschmettert und zugedeckt, daß keine Spur von ihnen sichtbar war.

Auf dem höllischen Grenzblock wuchsen merkwürdigerweise vier Zirbeln nach der Zahl der zerschmetterten Träger, und oft schon haben die Enneberger diese Bäume umgehauen, aber sie wachsen immer wieder nach. An der Stelle ist's auch unheimlich.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 599