DER FUCHSSCHUß

Ein Jäger hatte ein Gewehr so gerichtet, daß auch ohne sein Beisein der Schuß gerade auf das Luder hingehen mußte, wenn es berührt wurde. Etliche Nächte gingen vorbei, ohne daß dem Jäger durch den Knall des Gewehres das Eingehen einer Beute angekündigt wurde. Aber endlich einmal um Mitternacht, als der Jäger im tiefen Schlafe lag, weckte ihn ein Schuß von dem Orte her, an dem er die Falle aufgerichtet hatte. Er sprang sogleich aus dem Bett und eilte hinaus, um zu sehen, was eingegangen sei.

Weil das hellste Mondlicht war, konnte er schon aus ziemlicher Entfernung unterscheiden, daß es ein Fuchs sei, der maustot am Luder lag. Er ging nun nicht mehr näher hinzu, denn es war eine grimmige Kälte, und den Fuchs, meinte er, werde ihm bis zum andern Morgen niemand davontragen.

Als er aber daheim war und wieder in seinem Bett lag, hörte er den Schuß noch einmal, stand schleunig wieder auf und lief hinaus, nach dem Fange zu sehen. Er ging ganz in die Nähe des Luders, fand einen wirklichen Fuchs, hob ihn auf und trug ihn nach Hause. Er war Über die Maßen froh, daß er zum ersten Fuchs nicht hingegangen war, denn jetzt erkannte er wohl, daß jener Fuchs und jener frühere Schuß nur Blendwerk gewesen waren und daß der eigentliche Schuß ihn selbst getroffen hätte, wenn er das erstemal zum Luder hingegangen wäre. (Passeier.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 746, S. 421 f.