DAS SCHWEIGSAME NÖRGGELE VON DER INNERSTALM

Auf der Innerstalm in Passeier lebte vorzeiten ein Nörggele, das wohl öfters zu den Almleuten und Hirten hinkam, aber nie ein Wort sagte. Mit den Händchen in den Hosen stand es da und schaute schweigend den Leuten zu.

Und diese hatten sich so sehr an das schweigende Männlein gewöhnt, daß sie auch nichts sagten und es einfach dastehen und zuschauen ließen. Ehe die Leute aber im Herbst abzogen, kam das Männlein wieder daher, schaute eine Weile stumm und traurig drein und begann dann zu reden:

"Hattet ös mi öppes gfragt,
hatt i enk öppes gsagt.
Hatt mehr Schmolz ausm Kaaswasser g'macht
als ös aus'm Rahm ausergebracht!"

Im nächsten Jahr war das Nörggele nicht mehr zu sehen, auch in den folgenden Jahren nicht. Es kam überhaupt nie mehr auf die Innerstalm.

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol. Innsbruck 1859. S. 46