DER TEUFEL HOLT EINEN MEINEIDIGEN

Die Schennaer besitzen schon seit undenklichen Zeiten zwei schöne Almen in Hintersee. Zu denselben sind sie aber nicht auf gerechte Weise gekommen. Zuerst trieben sie lange Zeit das Vieh nur mietweise auf, später kehrten sie den Stiel um und sagten, die Alm gehöre ihnen. Nun gab's einen langen Prozeß, denn die Hinterseer wollten auch ihr gutes Recht nicht fahren lassen.

Nach langem Streiten kam's zum Schwören auf dem Almgrund. Da steckte sich zuvor ein verdrehter Schennaer einen großen Löffel in seinen Hut und tat Erde von seinem Gut in die Schuhe. So kam er auf die Alm und schwor: "So wahr der Schöpfer ober mir ist und ich auf Schennaer Erde stehe, gehört die Alm den Schennaern!"

Der Richterspruch teilte nun die Alm der Gemeinde Schenna zu. Alsogleich kam aber der Teufel wie ein feuriges Kunter dahergeflogen, packte den Meineidigen mit seinen Krallen und trug ihn durch die Luft davon. In die weiße Wand ober Hintersee brach er ein großes Loch durch, das man heutzutage noch sieht. Dann ging die Fahrt durchs Tal hinaus nach St. Martin, wo der Teufel mit dem Höllenaas auf einem Steine rasten mußte. Bald trug er ihn weiter über Saltaus und Schenna und verschwand mit ihm gegen Lana. (Passeier.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 697, S. 395