DER SCHNEEBERGER NORGG

Am Schneeberg trieb ein Norgg sein Wesen, der war einer Kuhdirn auf einer Alm gar sehr behilflich mit Hütenhelfen und mit Verrichtung von allerlei vorkommenden Stallarbeiten, dafür setzte sie ihm täglich ein Näpfchen frische und gute Milch hin.

Allein: mochte nun der Norgg dieser Dirn einen Possen gespielt haben, oder sie sonst unwirsch auf ihn geworden sein - kurz, sie meinte, es tue es auch geringere Milch, und weil die vom Norgg so überaus wohl gepflegten Kühe keine geringe Milch gaben, so panschte sie diejenige Milch, die sie des Nachts vor die Türschwelle ihrer Lagerstatt hinstellte, mit schnödem Wasser.

Kaum war das zum ersten Male geschehen, so war es auch zum letzten Male gewesen: denn der Norgg, aufgebracht über diese Undankbarkeit, kam mit seinem Milchnäpfchen in die Stube, schüttete,der Dirn die Milch ins Gesicht, und wo ein Tropfen Milch hinfiel, entstand gleich ein schwarzer Tupfen, der nie wieder von der Haut ging; darauf hieß die Dirn nach dem gefleckten Panthertier nur mehr der "Norggenpardel" und bekam nie einen Mann.

Quelle: Alpenburg, Johann Nepomuk Ritter von, Mythen und Sagen Tirols. Zürich 1857. S. 116