DAS SCHWARZE HANSELE

So hieß ein Knecht, der auf der untern Bachhütt in Signat diente, weil er klein und in der Schwarzkunst bewandert war. Seine Künste hatte er aus einem schwarzen Buch erlernt, das er einmal von Zigeunern gegen zwei nagelneue Hemden eingetauscht hatte.

Man sah ihn auch zu ganz ungelegenen Zeiten auf dem Roßwagen, wo er mit dem Teufel die Hauptsachen "abpackte." Er war stark wie ein Riese, und alles ging ihm aus dem Wege, denn er konnte auch die Leute blenden und stellen.

Einmal ging er nach Kollmann tanzen. Er tanzte wie alle Wetter und lupfte die Madlen so in die Höhe, daß es nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Als er aber zahlen sollte, zahlte er keinen Heller und fing Händel an. Da wollten ihn die Burschen hinauswerfen, aber ehe sie ihn fassen konnten, griff er um sich, die Buben lagen im Nu vor der Stube, die Musikanten auf dem Tische und keiner wußte, wie ihm geschehen sei. Dann ging er hinaus und bog den festen Zaun wie eine Gerte um.
Im Alter kam ihm sein Leben nicht mehr geheuer vor und er trug das Buch zu den Patern in Bozen. Als er aber heimkam, war das schwarze Buch auch schon da und lag auf der versperrten Truhe. Er packte es und trug es wieder in das Kloster und es sollte verbrannt werden, allein, das Feuer griff nicht an. Da warf der Pater etwas Geweihtes darauf, und es knitterte und knatterte ganz unheimlich und Blatt für Blatt brannte zusammen. Auf dem Heimgange hörte das schwarze Hansele weinen und heulen, bis er in seiner Kammer war. Das sind die Hexen gewesen, die auf dem Buche geröstet wurden.

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, S. 428 f.