DIE PESTKIRCHE

Vor mehreren hundert Jahren regierte auf dem Ritten die Pest, ganze Häuser starben aus und standen leer und ledig. Wo noch Leute am Leben waren, zündeten sie Lichter an und gaben dadurch Zeichen. Auf Ofenflecken reichten die Priester die Wegzehrung den Sterbenden durch das Fenster und wer noch konnte, kroch heran und labte sich am Leib des Herrn. Die Totenglocke läutete man nicht mehr, aber wenn wieder in einem Hause keine Lichter mehr brannten, so wußte man schon, da drüben ist alles gestorben, und so ging es fort und fort von Hof zu Hof.

Da gelobten die Gemeinden, eine Kirche zu bauen, wenn das große Sterben aufhöre. Das geschah, Gott hieß den Todesengel an den WohnStätten vorübergehen - aber die Kirche bauten die Rittner nicht!

Nun kam ein zweites Sterben, größer als das erste, so daß wenige verschont blieben. Diese gelobten neuerdings, und als die Pest wich, gingen sie in Streit. Die eine Gemeinde wollte die Kirche da, die andere dort bauen. Während die Gemeinden hin- und herstritten, kamen Vöglein daher und trugen die "Scheatlen" von den gefällten Bäumen auf einem Ort zusammen, gerade so groß wie die Kirche werden sollte. Dort wurde die Kirche gebaut, es ist die Kirche auf der Weit von Unterinn.


Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, S. 571