DAS WEIßE ROß IM BACHERWALD IN EGGEN
Im Bacherwald in Untereggen hinter Birchabruck war es nicht geheuer. Die Leute sahen oft in der Nacht ein blaues Licht hin und her huschen und hörten Peitschenknall und hi! und hott! Und aus der Gegend, wo das Licht umging, knarrte und rasselte es wie von einem Fuhrwerk.
Ein Bauer aus Eggen mußte einmal nachts durch den Bacherwald gehen. Auf einmal hört er Peitschenknallen und Fuhrmannsrufe. Alsbald rasselte ein schwerer Lastwagen hinter ihm her und hinterdrein bellte ein Hund. Der Eggener wunderte sich, daß da noch so spät ein beladener Wagen hereinfahre, und noch mehr, daß der schwere Wagen ihn einholte, denn er fuhr rasch vorwärts. Und langsam, glaubte der Bauer, gehe er selber doch auch nicht.
Als das Fuhrwerk schon ganz nahe hinter ihm war, wollte er ausweichen,
um es voranzulassen, und stellte sich auf die Seite. Da stand plötzlich
ein weißes Roß knapp hinter ihm, aber kein Wagen daran, und
kein Fuhrwerk und kein Hund waren mehr zu hören, auch war kein Fuhrmann
dabei. Das Roß war so schnell an den Bauer herangekommen, daß
er nicht mehr ganz auszuweichen vermochte. Es sah ihm über die Achsel
herein und schnob ihn heiß an. Der Eggener machte entsetzt einen
Seitensprung, und das Roß galoppierte ohne Fuhrwerk an ihm vorbei.
Auch mehrere andere sind diesem gespenstigen Schimmel an derselben Stelle
begegnet.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 373 f.