DER TEUFEL AUF DEM SCHLERN

"Nach Michaeli (29. September) gehört die Alm dem Teufel, und er leidet keinen Menschen oben", so sagte man früher in Völs, und sogar im Dorf herunten hefteten die Leute seit alter Zeit um Michaeli Strohkreuze an die Stalltüren, damit Mensch und Vieh keinen Schaden leiden sollten.

Aber der Violerbauer aus Ums, der oben auf dem Schlern ein Stück Mahdwiese hatte, wagte es in einem besonders guten Jahr doch einmal, mit seinem Knecht über Michaeli hinaus noch auf dem Schlern zu bleiben. Immer noch fand er würziges Gras, das gemäht werden konnte und für den Winter eine willkommene Bereicherung war.

Als sie sich wieder einmal spät am Abend ins Heu legten, um zu schlafen, da hörten sie auf einmal, wie jemand ober ihnen über das Dach der Hütte ging, daß die Schindeln nur so klapperten und krachten. Jetzt fing es beide an zu gruseln, denn sie waren ja mutterseelenallein auf der Schlernalm, und ihre Angst wurde noch ärger, als plötzlich die Hüttentür aufging und ein Jäger mit Bocksfüßen hereinkam. Mit wilder Miene schaute er zu dem Heustock hinauf, wo die zwei lagen und sich vor Schrecken nicht zu rühren wagten.

Dann verschwand er, indem er die Tür mit Getöse hinter sich zuwarf. Dies aber war für den Violer eine Lehre und er beendete im nächsten Jahr seine Heuarbeit auf dem Schlern schon um Michaeli und blieb keine Stunde länger auf dem Schlern, der ja nach diesem Tag dem Schwarzen gehörte. (Kastelruth.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 675, S. 380 f.