DIE FUCHSISCHEN REITER

Zwischen St. Pauls und Missian ragen etliche Sandhügel empor, von denen einer die Ruinen des Schlosses Fuchsberg trägt. Dieses hatte seinen Namen von den Rittern, später Grafen Fuchs von Fuchsberg, welche in der Landesgeschichte eine bedeutende Rolle spielten.

Einer dieser reichen Herren stiftete für die Armen des Dorfes St. Pauls ein jährliches Almosen. Aus dem Ertrag der gestifteten Güter sollte immer am Heiligen Abend ein Ochse gebraten und unter die Armen ausgeteilt werden. Auch ein guter Trunk durfte dazu nicht fehlen; man schenkte ihnen zum Braten zwei Yhrn Wein gutes Bozner Maß aus. Die Verwaltung des gestifteten Gutes, sowie die Austeilung, wurde dem Pfarrer von St. Pauls übertragen.

Lange Zeit wurde die Stiftung getreulich eingehalten, bis einmal ein Pfarrer nach St. Pauls kam, der es damit nicht mehr so genau zu nehmen pflegte. Endlich ließ er das Almosen gar eingehen, und es bekamen die Armen am Heiligen Abend nichts mehr.

Im folgenden Jahre, es war gerade am letzten Quatembermittwoch vor Weihnachten so gegen Abend, da kamen auf einmal durch das Unterdorf spindeldürre Männer mit langen weißen Bärten und ellenlangen rostigen Schwertern auf fahlgelben, zaunmageren Rossen herangeritten und hielten vor dem St. Paulser Widum. Es waren die Herren Fuchs von Fuchsberg, die dem Grabe entstiegen waren, um den Pfarrer an die Stiftung zu mahnen. Vor dem Widum zogen sie ihre Schwerter aus den Scheiden und schwangen dieselben mit ihren knöcherigen Händen drohend in der Luft. Der Pfarrer erinnerte sich sofort der vernachlässigten Almosenspende und gab den Rittern das heilige Versprechen, die Stiftung in Zukunft wieder fleißig einzuhalten. Darauf entfernten sich die Reiter auf demselben Wege, den sie gekommen waren.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 455