GEISTERSPUK IN LAUREIN

Beim alten Kinighof in Laurein wurden früher in einem fensterlosen Keller des Nachts oft dumpfe Schläge oder abwechselnd auch Graben im harten Boden vernommen. Da beschloß man einmal, dem Ding auf den Grund zu gehen und grub im Kellerboden nach. Man fand nur einige Knochen; ob es Menschenknochen waren, ist nicht bekannt. Seitdem aber hatte das geisterhafte Graben und Schlagen im Keller aufgehört.

Beim oberen Kinighof starb ein Sohn in jungen Jahren. Einige Zeit hernach hörte seine Schwester abends beim Rosenkranzgebet vor dem Fenster rufen. Sie ging hinaus. Als sie nach kurzer Zeit wieder hereinkam, sagte sie nur: "Nie mehr werde ich auf ein Rufen hin des Nachts vor die Tür gehen!" Sie machte dann eine Wallfahrt, und seither wurde nichts mehr gehört.

Beim Keßlerhof, der nicht weit von den Kinighöfen gelegen ist, vernahm man früher des Nachts immer ein gespenstisches Graben im Felsen. Nach einiger Zeit wurde eine Eisenstange übers Steingeröll geworfen. Der harte Klang des Aufschlags wurde länger vernommen als gewöhnlich. Nach einer kleinen Pause begann das Spiel von neuem.

Besonders auffallend war es, daß sich diese Geschichten an Feierabenden vor hohen Festtagen abspielten. Auch auf dem Dachboden wurde oft ein furchtbares Krachen vernommen, wie wenn jemand mit einem Knüppel auf eine leere Truhe schlagen würde. Nun haben diese spukhaften Geräusche aber schon lange aufgehört.

Quelle: H. Ungerer in: Der Schlern, Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde, 1961, S. 147