DER GRÜNSTRÜMPFLER

In der Gegend von Graun und Haid, gar nicht weit von Reschen, wo die Etsch entspringt, hauste ein übel verrufener Norgg oder Lorgg, der nach den grünen Strümpfen, die er stets trug, nur der Grünstrümpfler hieß, und äußerst gefürchtet war. Er verzog Kinder, hockte sich Wanderern auf und machte sich so furchtbar schwer, daß mancher der Last erlag oder schwere Krankheit davontrug. Auch dem Vieh machte er es sauer, indem er sich an Fuhrwerke hängte, so daß die Pferde sie kaum bergempor schleppen konnten. Wenn er in böser Absicht ein Stück Vieh berührte, so erkrankte dasselbe auf der Stelle.

Nur ein Geißhirt auf dem Mattleserkopf hatte Macht über diesen schlimmen Lorgg, und wenn der Hirte auf seinem Alphorn blies, mußte jener zittern und konnte keinen Schaden tun. Wie das kam, weiß niemand zu sagen.

Quelle: Alpenburg, Johann Nepomuk Ritter von: Mythen und Sagen Tirols. Zürich 1857. S. 119