DIE DREI MARCHEGGER IN MALS

In Mals war einmal ein Bauernknecht des Nachts draußen und wässerte die Wiese. Wie es nun Mitternacht war und die Wiese schön unter Wasser stand, wollte er wieder heimgehen und sich schlafen legen. Da sah er beim Markstein eine weiße Gestalt stehen. "Wer ist da?" rief er; sie gab ihm aber keine Antwort, wohl aber standen jetzt zwei Gestalten statt einer am Markstein. "Wer ist da?" rief der Knecht zum zweiten Male, "gebt Antwort oder packt euch fort, da habt ihr in der Nacht nichts zu suchen!"

Wieder keine Antwort, dafür aber war es, als stiegen die Gespenster gerade so aus dem Boden, denn es standen schon drei Gestalten beim Markstein, davon die beiden ersten weiß und die letzte schwarz und ohne Kopf. Und sie fingen alle drei an zu tanzen und hopsten unter allerlei Grimassen um den Markstein herum.

Der Knecht kam näher heran und erkannte die beiden weißen Gestalten; es waren seine schon längst verstorbenen Vettern. Die dritte, schwarze Gestalt erkannte er nicht, weil sie keinen Kopf hatte. Darüber erschrak der Knecht so sehr, daß er nach Hause rannte und sich geschwind ins Bett legen mußte. Vom Schrecken war er nun eine geraume Zeit krank.

In der folgenden Nacht ging deshalb der andere Knecht hinaus, die Wiese zu wässern. Ihm erging es ebenso, auch ihn kam so sehr das Fürchten an, daß er ebenfalls davonlief und sich fieberkrank ins Bett legen mußte. Als die beiden wieder aufstehen konnten, erzählten sie die Geschichte dem Geistlichen. "Schon gut", sagte dieser, "da könnt ihr ein gutes Werk tun und zwei arme Seelen erlösen. Der kopflose, schwarze Geist kann allerdings nicht mehr erlöst werden. Ihr müßt aber beide um Mitternacht hinausgehen, und wer die Gestalten zuerst gesehen hat, muß sie auch anreden und sagen: Alle guten Geister loben Gott den Herrn; was ist euer Begehr'n? und muß sie auch beim Namen nennen."

Der erste der beiden Knechte war dazu bereit; galt es ja, seine Vettern zu erlösen; allein der andere wollte nichts davon wissen. Verwandte hatte er keine zu erlösen, und es hatte ihn das erstemal allzusehr gegruselt. Daher unterblieb der nächtliche Gang, denn der Geistliche hatte beigefügt, wenn bloß der eine ginge, könnte ihm ein Unglück begegnen. Die armen Seelen sind bis auf die Stunde unerlöst geblieben und müssen in gewissen Nächten noch immer um den Markstein springen.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 462