DAS LAASER MARKERL

Zwischen Laas und Schlanders steht am Berg ein Markstein, bei dem es nicht geheuer ist. Man erzählt sich davon folgende Geschichte:

Als der alte Markstein, der die Grenze zwischen dem Gebiet von Laas und jenem von Schlanders bezeichnete, verschwunden war, gerieten beide Gemeinden über die Grenze in Streit und Unfrieden. Da sagte ein alter Hirte, er wisse gar wohl, wo das Mal gestanden sei und werde es gegen einen Lohn auch kund machen.

Auf diesen Antrag gingen die beiden Gemeinden ein und gaben dem Hirten eine kleine Summe. Die Laaser aber waren schlau und steckten dem Hirten heimlich eine bedeutende Summe zu. Die Folge davon war, daß der Hirte einen für die Laaser günstigen Ausspruch tat und die Grenze unrichtig angab.

Doch der Frevel blieb nicht ungestraft. Der Hirt starb bald eines plötzlichen Todes und muß seitdem nachts umherirren; bald erscheint er als feuriger, dann wieder als schwarzer Mann und trägt den Markstein auf dem Rücken. Oft sehen ihn die Landleute, wenn sie spät Abends in die Nähe des Berges kommen. (Bei Schlanders.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 373, S. 218