Kaiser Friedrich Barbarossa

Bekanntlich ist der römisch-deutsche Kaiser Friedrich Barbarossa von Hohenstaufen auf dem 3. Kreuzzug am 10. Juni 1190 im Flusse Salef in Kleinasien ertrunken. Er gilt als der volkstümlichste Kaiser des Mittelalters. Als solcher lebt er noch in so mancher Sage im Volke fort. Eine spielte sich sogar in Naturns ab. Sie weiß zu erzählen, daß der mächtige Kaiser von einer Welschlandfahrt heimkehrend, vom Feinde hart bedrängt, in der Burg Hochnaturns Zuflucht nahm und sich mit seinen Mannen in dem tiefen Kellergewölbe des Schlosses verschanzte. Allda harrt er immer noch aus, jugendfrisch, mit langen rotblonden Locken und bis auf die Füße herabwallendem Bart, umgeben von seinen tapferen Helden aus dem Etschland. Sie alle sind mit Wehr und Waffen angetan und im Halbschlummer versunken. Wenn der eisige Nordwind von den gewaltigen Fernern jenseits des Sonnenberges über Hochnaturns gegen Süden dahinbraust, dann hört man in dem unterirdischen Gewölbe Schwertgeklirr, Sporengerassel, Hifthörner und Schlachtrufe erschallen. Und wenn für einen Burgherrn bald das Zügenglöcklein geläutet werden muß, dann ertönt zur mitternächtlichen Stunde banges Wehklagen. Die Burgbewohner vermeiden es ängstlich, die Ruhe des großen Kaisers zu stören. Dieser muß mit seinen treuen Waffengefährten unten im Steingemach so lange schlummern, bis die Zeit sich erfüllt und ihm befohlen wird, zu neuen Waffentaten gegen Süden aufzubrechen.

Quelle: Winkler Robert, Volkssagen aus dem Vinschgau. Bozen 1968. S. 331 f.