Der Sakristeiteufel von Karthaus

Die alten Kartäusermönche hatten im Kloster irgendwo auch einen geschnitzten Teufel stehen. Er war in Lebensgröße, hatte zwei Hörner, einen langen Schwanz, streckte die rote Zunge heraus, hatte schrecklich große Augen und lange Krallen an seinen Fingern. Nach der Aufhebung des Klosters 1782 wurde dieser Teufel in die obere Sakristei befördert und allen Blicken entzogen.

Der Klemens, der Rochus und der Blasius taten sich zusammen und wollten mit diesem Sakristeiteufel einen Spaß machen. Auf Tuml drunten wollten sie in einer finsteren Nacht die Hausleute erschrecken. Sie banden den Teufel auf eine Kraxe, nahmen eine Windlaterne mit und eine lange Stange. So gingen sie los. Auf Tuml traten sie an ein Kammerfenster heran, hoben den Teufel hinauf und ließen ihn zum Fenster hineinschauen. Einer klapperte am Fenster, daß sie drinnen erwachen sollten. Der dritte beleuchtete das Fenster und das grinsende Gesicht des Teufels. Bald kam jemand zum Fenster und fragte, was los sei. Ein Schrei des Entsetzens entfuhr seiner Kehle: "Gott steh uns bei!" und machte ein Kreuzzeichen und sprengte Weihwasser zum Fenster hin.

Die drei Spitzbuben gingen ums Haus herum und weckten auf der anderen Seite die Leute auf gleiche Weise. Mit hohler Stimme rief einer durchs Fenster: "Deine Seele will ich haben und wir fahren zur Hölle!" Da wußte sich niemand Rat gegen die Angriffe des Teufels.

Die drei Bösewichte hatten ihre Freude daran, doch bald machten sie sich auf den Heimweg nach Karthaus. Auf dem Waldweg herauf kam die Strafe über sie. Der Teufel wurde auf dem Rücken des Mannes immer schwerer, und der Träger kam fast nicht mehr weiter. Wohl wechselten sie ab. Endlich rief einer: "Den werfen wir in den Wald hinunter." Doch da fuhr auf einmal der Schreck durch alle Glieder! Der Teufel selber fing zu reden an und drohte: "Tragt ihr mich nicht, so trage ich euch!" Keiner wagte mehr ein Wort, nur langsam kamen sie weiter. Schließlich kamen sie zur Kloster-Ringmauer herauf und hier stellten sie die zentnerschwere Last nieder und liefen Hals über Kopf heim.

Kreuzigungsgruppe Karthaus © Berit Mrugalska
Barocke Kreuzigungsgruppe in Karthaus
wohl von dem selben Künstler des "Unser Herr im Elend" geschaffen

© Berit Mrugalska, 2. September 2006

Am nächsten Tag verabredeten die drei, den höllischen Gesellen unten beim Bußkreuz zu verbrennen. Sie holten Holz vom Walde herauf, machten ein Feuer und warfen den Teufel in die Flammen hinein. Doch siehe, er wollte ihnen gar nicht verbrennen! Sie schleppten noch mehr Holz herbei und schoben den Höllenteufel in die prasselnden Flammen hinein. Diesmal fing er Feuer. Während er verbrannte, krachte und knatterte er so wild, daß den dreien die Haare zu Berge standen! Froh waren sie, daß sie den unheimlichen Gesellen losgeworden waren.

Quelle: Die Kartause Allerengelberg im Schnalstal, Rudolf Baur, Bozen 1970, S. 105.