Dreizehn Schmuggler und drei Schafe

Am St.-Veits-Tage, am 15. Juni, trieben wir die Schafe übers Hochjoch ins Ötztal auf den Rofenberg. Drei Hirten blieben bei den Schafen, wir dreizehn kehrten wieder heim. Schon einige Tage vorher hatten wir in Vent den Kaufmann durch eine Postkarte verständigt, er möchte uns für zwölf Träger die Waren bereitstellen. Für zwölf Schmuggler waren also die Waren bereitgestellt, der dreizehnte Hirte hatte nichts zu tragen.

Unterhalb der "schönen Aussicht" wanderten wir bei hellem Tage vorbei und stiegen durch die Eisrinne herab zur Lahn und hielten Ausschau. Richtig, drunten am Kesselboden hinter einem großen Stein entdeckten wir drei Finanzer. Was tun? Wir bleiben einfach da; wenn sie uns fangen wollen, müssen sie zu uns herauf; aber wir sind dreizehn gegen drei.

So sind wir ganze drei Stunden auf der Lahn gesessen. Zurück zur "Schönen Aussicht" wollten wir auch nicht mehr, hinab nach Kurzras ebenfalls nicht. Ab und zu bemerkten wir, daß sich jene drei Finanzer hinter dem großen Stein drunten etwas bewegten. Nach drei Stunden stehen die drei lebenden Wesen auf, strecken sich mit ihren Vorderbeinen und Hinterbeinen und gehen auf den nahen Almboden hin und fressen gemütlich Gras. Es waren drei Schafe! Sie waren beim Wiederkäuen und hielten ihre gewohnte Mittagsrast. Unter großer Heiterkeit nahmen wir unsere Bündel auf die Schultern und stiegen getrost nach Kurzras hinab.

Quelle: Die Kartause Allerengelberg im Schnalstal, Rudolf Baur, Bozen 1970, S. 93.